Tanita Tikaram - Ancient Heart

Good Tradition Cathedral Song Sighning Innocents I Love You World Outside Your Window For All Theses Years Twist in My Sobriety Poor Cow He Likes the Sun Valentine Heart Preyed Upon So jung und schon so viel Publicity?" Die Medien eiferten und geiferten, schleckerten und meckerten, favorisierten und deplazierten, lobhudelten und nudelten und rudelten sich um sie. Auf die Pltze, fertig, los! Wer schreibt die schillerndste Eloge, wer fabriziert den miesesten Verriss, und vor allem: Wer beherrscht am brilliantesten die Kunst des grellen Regenbogens, der vom Objekt obskurer Schreiberling-Begierde nicht mehr übriglässt, als einen verschwommenen Schatten? Die Quintessenz, die allenthalben durch den Blätterwald tröpfelte: Tanita Tikaram ist der Rede wert, denn sie hat diese Platte gemacht .Der größte Vorwurf, den man der jungen Dame machte, war ihr Alter: „19 ist sie und verdammt arrogant.“ Diesen Schluss zog man aus einer Äußerung, die Tanita Tikaram machte, als man ihren Erfolg trotz ihres Alters zu rechtfertigen suchte. Sie sagte: „Ob 19 oder 90 ist doch wohl ziemlich egal. Die Bedeutung der Musik hat nichts mit dem Alter zu tun - eine gute Platte setzt sich durch“. Das ist wohl wahr, wahr ist aber auch: Der Zeitpunkt ist entscheidend. Und da man sich nach wie vor und trendgemäß auf die „ Roots“ der guten alten Folkie-Zeiten besinnt, kam diese Platte gerade richtig. Wie ihr exotischer Name vermuten läßt, hat natürlich auch Tanita Tikaram ihre „Roots“, und die Wurzeln sind ziemlich verwirrend: Zwar wurde sie im westfälischen Minister (im August '69) geboren, doch das war lediglich der Tatsache zu schulden, dass ihr Vater dort im Dienste der britischen Armee stationiert war. Der Ursprung ihres Namens geht jedoch noch ganz woanders hin. „Meine Mutter kommt aus Borneo/Malaysia, mein Vater von den Fidschi-Inseln. Er hat sogar etwas Indianerblut in den Adern. Aber in England haben sie sich kennengelernt - ich glaube in den sechziger Jahren oder so“. Jedenfalls lebte Tanita Tikaram ganze zwölf Jahre in jenem Minister, um ihre Teenager-Zeit wieder in England zu verbringen. Und da muss es wohl passiert sein: Sie hört zum erstenmal die Songs von Joni Mitchell, was zur Folge hatte, dass sie kurzerhand beschloss, „auch so zu werden“. Mit diesem Ansinnen bewarb sie sich an der elitären Oxford-Universität. Dort wollte man sie nicht. „Irgendwie hatten wir nicht die gleiche Wellenlänge“. Die hatten den Namen Joni Mitchell ja noch nicht mal gehört." Also schnappte sie sich eine Musik-Zeitung und bewirbt sich auf Anzeige des Londoner Clubs „The Mean Fiddler". Sie hat Glück und bekommt die Zusage, im „Accoustic Room" des Clubs aufzutreten. Am Abend ihres Auftritts ist auch der Manager Paul Charles, der sich u.a. um Elvis Costello, Jackson Browne und Van Morrison kümmert, im „Mean Fiddler", um auf der Hauptbühne eine Band zu sehen: „Es war so brechend voll“, erinnert sich Paul Charles später, - dass ich vor dem Konzert erstmal in den Accoustic Room auswich, um Luft zu schnappen. Knapp zwanzig Leute hingen da rum und Tanita stand auf der Bühne und sang zur Gitarre. Ich konnte es nicht fassen: Noch nie hatte ich ein so großes Talent gesehen, das noch nicht mal einen Plattenvertrag in der Tasche hatte“. Alles weitere ist bekannt und liegt jetzt womöglich auf dem Plattenteller. Vielleicht gibt man schnell auf, wenn man nach Sinn und Bedeutung der Songtexte suchen will. Erklärungen sind, wenn überhaupt, lediglich im Tagebuch oder im Kopf Tanita Tikarams zu finden. Die Texte, die sie zu ihren ruhigen Balladen geschrieben hat, wirken so dunkel wie ihre Verfasserin. Schwer und manchmal mutig für einen Teenager, vor allem aber schwermutig — das Gewicht der Welt auf den Schultern einer 19jährigen. Das klingt, als hatte sie alles schon hinter sich, alle „ups and downs" von Leben-Lieben-Leiden schon durch. Doch was spielt das für eine Rolle? Diese Platte stimmt milde, erotisches, elegisches, sprödes Charisma, das angenehm lässig durch die Gehörgänge rauscht. Wie man sowas nennt? Tikaramisch - nicht mehr und nicht weniger. Marion Brasch (1990)