Modern-Soul-Band - Meeting

Modem Soul Band
Gerhard „Hugo" Laartz (keyb, Id),
Wolfgang Nicklisch (g),
Christian Liebig (bass-g),
Ulrich Kersten (dr),
Christian Höhle (tp, perc),
Dagobert Darsow (tb),
Joachim Schmauch (ss, as, ts),
Gonda Streibig,
Klaus Nowodworski (voc)
Berlin, Ende der sechziger Jahre, Nahe Ostbahnhof. In der Fredersdorfer Straße, deren Altbauten heute längst neuen Wohngebäuden Platz machen mußten, der Jugendklub „Freundschaft", Treffpunkt von vor allem musikinteressierten jungen Leuten. Kein üblicher Diskobetrieb, sondern Schallplattenvorträge über Jazz oder gemütliches Beisammensein bei Aufnahmen mit Blues und Soul. Richtiges Zuhören statt Benutzung von Musik als Hintergrundgeräusch. Das war genau die Atmosphäre, in der eine junge Band mit anspruchsvoller Musik sich entwickeln konnte. Und eben dieser „Fredersdorfer Klub", wie ihn viele einfach nannten, wurde damals die Heimstatt einer jungen Band, die rasch eine große Popularität gewann. Die Gruppe nannte sich „Modern Soul Sextett", war (als „Modern Sextett") im Sommer 1968 gegründet worden und spielte in der Besetzung Piano/Orgel, Trompete, Saxophon, Gitarre, Baßgitarre, Schlagzeug. Außerdem wirkte schon der Sänger Klaus Nowodworski mit, neben dem Gründer und „Chef" Gerhard „Hugo" Laartz der einzige, daraus dieser Zeit heute noch dabei ist. Durch Hereinnahme einer Posaune vergrößerte sich die Gruppe, die sich schließlich in „Modern Soul Band" umbenannte.
Die Musiker um „Hugo" waren die erste Gruppe, die mit speziellen Soul-Konzerten durch die DDR zog, mit einer vitalen- Musik, die sich in den sechziger Jahren ursprünglich als musikalischer Ausdruck eines neuen Selbstbewußtseins der schwarzen Amerikaner aus Elementen des Blues, des Jazz und der Beatmusik gebildet hatte. Anknüpfend an die Musik von Otis Redding, James Brown, Aretha Franklin, Wilson Pickett und anderen Soulinterpreten, versuchte die Modern Soul Band im Laufe der Jahre immer mehr eine eigene Note zu entwickeln, wobei sie in starkem Maße neuere musikalische Ergebnisse einbezogen, wie sie etwa von den Bands Blood, Sweat & Tears und Chicago repräsentiert wurden. Ihre enge Beziehung zu jazziger Musik zeigte sich in Auftritten mit den Gastsolisten Ernst-Ludwig Petrowski, Friedhelm Schönfeld u. a. und in Big-Band-Fusionen mit Jazz-Rock-Ensembles. Der Jazzposaunist Conrad Bauer war jahrelang festes Mitglied der Modern Soul Band. Andere bekannte Musiker wie Hansi Biebl und Regine Dobberschütz haben zuerst in ihren Reihen gespielt und gesungen. Eine Live-LP erschien 1976 bei Amiga (8 55 555). Nach vielen personellen Umbesetzungen arbeitet die Modern Soul Band seit 1978 - dem Jahr ihres zehnjährigen Bestehens -in der Besetzung zusammen, die diese Schallplatte einspielte. Neben der Verarbeitung heutiger internationaler Musiktrends wurde das eigene Profil der Gruppe weiter ausgeprägt. Man vermeidet ein Einmünden in den ausgesprochenen Disco-Sound, bevorzugt jedoch weitgehend liedhafte Titel in Verbindung mit Elementen der Funky-Musik und des Rock. Wenn die Band - und das tut sie gern - in Studentenklubs und Jazzkellern gastiert, treten die Züge des Jazz-Rock wieder mehr hervor; der Instrumentaltitel „Meeting" auf unserer Schallplatte ist ein typisches Beispiel dafür. Daß „Meeting" außerdem der LP den Namen gab, mag als Indiz dafür gewertet werden, hier die „heimliche Liebe" vermuten zu müssen. Auf jeden Fall aber ist die Modern Soul Band durch ihr Wirken eine so gewichtige Formation geworden, daß man sie aus der populären Musik der DDR nicht mehr wegdenken kann.
Werner Sellhorn (1979)