Kool & the Gang - Greatest Hits

„Hier hast du, was man als Discjockey braucht!" -Sprach's, drückte mir eine „Kool & The Gang"-Scheibe in die Hand und verschwand in Richtung Budapest, der alte Soul-Fuchs István Bergendy. Und wie recht er hatte, damals vor 10 Jahren, begreift man erst heute so richtig, wo Robert „Kool" Bell und sein Team nicht nur Spitzen-, sondern vor allem Dauerpositionen in den Diskotheken aller Herren Länder geradezu blockieren.
Dabei ist der Gründer und Kopf der Band ein alter Jazzer, dessen Teenagerträume sich ab 1964 per High-School-Band in New Jersey erfüllen. Die „Jazziacs" spielen fünf Jahre lang ausgeflippten Modern Jazz, vornehmlich „Bebop" in seiner späten Phase- Der Swing-Saxophonist Lesler Young hatte dafür die Bezeichnung „Cool Jazz" eingeführt, übrigens nicht als Gegenstück zu „Hot" zu verstehen, denn der Achtelrhythmus machte den Modern Jazz gegenüber früheren Stilarten eher „heißer". Robert Bell als später Fan davon wird um einen Beinamen reicher. Der erhoffte Erfolg allerdings stellt sich nicht ein, er bleibt einer unter Tausenden.
So zieht er 1969 konsequenterweise einen Schlußstrich, besetzt die Gruppe um und präsentiert mit gleichnamiger Debüt-LP seine neue, stark auf Rhythm And Blues orientierte Gruppe: „Kool & The Gang". Die in der Folge etwa im Jahresrhythmus erscheinenden Platten haben zwar nur mäßige Resonanz (lediglich die vierte LP „Light Of The Worlds" und die achte „Wild And Peaceful" ragen heraus), aber sie sichern dem familiären Unternehmen das Oberleben. In dieser Zeit reift die unglaubliche musikalische und handwerkliche Präzision der „Gang", das Rüstzeug der jazzigen Lehrjahre verschmilzt mit den immer moderner und perfekter werdenden Soundmodellen zwischen Rhythm And Blues, Soul, Funk und Disco.
Das Jahr 1979: An der Schwelle zum internationalen Durchbruch gibt einer der besten und erfolgreichsten Soundbastler unserer Tage entscheidende Hilfestellung. Der in Rio de Janeiro aufgewachsene Eumir Deo-dato wird Produzent der LP „Ladies' Night" und gibt dieser und den nachfolgenden vier Platten den Schliff, mit dem „Kool & The Gang" seither die Spitze zumindest mitbestimmen. Auch Stevie Wonder erkennt das Potential und nimmt Einfluß. Es entstehen phantastische Songs, weg sind alle Schnörkel und überflüssigen Soli, Stimmen und Instrumente werden rationell, oft sparsam eingesetzt, scheinbar passiert nur das Allernotwendigste. Es liegt allen Stücken maschinenpräziser Rhythmus zugrunde, treibend, dazu die messerscharfe fünfköpfige Bläser-Sektion, ein trockener explosiver Baß und darüber die immer entspannte samtene Stimme von James Taylor mit dem Spitznamen „JT" (zur Vermeidung von Verwechslungen mit dem gleichnamigen Folksänger).
Und noch etwas: Kein Text ist problembeladen, alles spielt sich auf engstem Raum ab, sozusagen im Dreieck zwischen „Love, Dancing und Feeling Good Tonight". Die Musik wirkt angenehm und wird oft genug wiederholt, man kann die Melodien mitsingen und sich von dieser Art Lebensgefühl anstecken lassen. Das ist das Rezept -die Umsetzung funktioniert. Die Präsentation, übrigens auch live, ist perfekt, es existiert kaum ein Ansatzpunkt zur Kritik, etwa wegen Banalität der Songs oder stereotyper Orientierung auf ein tanzenden Millionenpublikum.
Die hier zusammengestellten Titel waren und sind sämtlich Dauerbrenner in den Diskotheken, halten sich hartnäckig, gewissermaßen mit dem Trend zu nahtlosem Obergang ins Stadium von Oldies. Sie entstammen den Platten „Ladies' Night", ,,Celebrate"(1980), „Something Special" (1981), „As One" (1982) und „Emergency" (1984). Außerdem erschienen im betrachteten Fünf jahreszeitraum die LP „In The Heart" und der Sampler „At Their Best" (1983).
Als Autor tritt in zunehmenden Maße James Taylor in Erscheinung, der an sieben Nummern beteiligt ist. Dabei handelt es sich keineswegs nur um die Texte, wenn auch gemessen am gesamten Material die „alten Hasen" George Brown und „Kool"-Bruder Ronald Bell die Nase vorn haben. Zur Besetzung:
James „JT" Taylor -Leadvocals, Percussion Robert „Kool" Bell - Baß Ronald „Khalis" Bell -Tenor-Saxophon George Brown -Schlagzeug Curtis „Fitz" Williams - Keyboards Charles Smith -Leadgitarre Dennis „DT" Thomas -Alt-Saxophon Robert „Spike" Mickens und Michael Ray -Trompeten Clifford Adams - Posaune Sensationen, Stories und Presserummel um die Gruppe hat es nie gegeben, die Basis ihres Erfolges ist musikalische Superleistung, gepaart mit Geschlossenheit und beständiger Besetzung. Wechsel gab es seit 1979 lediglich auf der Keyboarderposition (zunächst Kevin Bell und Earl Toon Jr„ später Brian Jackson), seltener unter den Bläsern (Ausstieg von Steve Greenfield fl, sax) „Kool" dazu: „In den Jahren sind wir absolut zusammengewachsen, das Leben hat uns Freude und Leid gebracht aber gemeinsam haben wir's geschafft. Nun, wo die Sache etwas freundlicher aussieht, wollen wir uns auch die nächsten Projekte gemeinsam vorknöpfen!"
Thomas Froese (1986)