Horst Krüger Und Waltraud Lewin ‎– Rock-Oper: Rosa Laub

 Horst Krüger Und Waltraud Lewin ‎– Rock-Oper: Rosa Laub

Seite 1
Gruß
Erwachsenenlied
Musikalische Szene
Usambara
Fliegelied
Glorie, Glorie

Seite 2
Song von der Wahrheit
Meisterlied
Lied vom Suchen
Mysterium
Rosenlied
Trostlied
He, ihr alle
Lied über die Mädchen

Solisten:
Karel - Manfred Gorr
Mutter und Melisande -  Gerti Möller
Rosa Laub -  Eva-Maria Pieckert
Meister - Horst Krüger
Vater -  Rolf Heinrich
Bandleader -  Wolfgang Lippert

Komposition und Arrangement: Horst Krüger
Text: Waldtraut Lewin
Horst Krüger-Band
Streichergruppe Otto-Karl Beck
Bläsergruppe Gerhard Pabst
Unternehmen Münchehofe

Musik- und Tonregie: Helmar Federowski
Produktion: Klaus Peter Albrecht (1981)
Fotos und Gestaltung: Bernd Scheubert

Karel ist neu im Stadtviertel, das den Namen Heiliger Berg trägt und so jung ist wie er selber. Er findet sich nicht ganz zurecht. Das Wirkliche erscheint ihm oft unwirklich und umgekehrt. Er träumt viel, das ist nicht zu leugnen. Und so tut er sich schwer mit dem Erwachsensein. Zum Beispiel glaubt er, auf seine Träume verzichten zu müssen. Anstelle der Feen und Heldengestalten seiner Kindheit ist aber unversehens ein anderer schöner Fetisch getreten -sein blaues Motorrad Usambara, mit dem er glaubt, fliegen zu können. So sieht er die Gestalten seiner Phantasie nicht mehr, will sie nicht mehr sehen, so nah sie auch sind - nah wie die Mutter, die für ihn zur Fee Melisande wird, nah wie der Vater, der Kämpfer von einst, der ihn versteht und der stirbt, ohne daß Trauer um ihn sein soll - wie ein Stein, der zu einem guten Haus vermauert wurde. Ja, Karel fliegt mit Usambara -aber er gibt es nicht zu. Noch versteht er nicht, daß Fliegen und Träumen zum Leben gehören wie Essen und Trinken. So verschwindet das blaue Motorrad erst einmal aus seinem Leben, - was für ihn einem Zusammenbruch nahe kommt. Sein Meister, der mit großer Skepsis auf den für seinen Geschmack allzu sehr verträumten Lehrling Karel gesehen hat, dem also das Fehlen von „Usambara" nur recht sein müßte, ist der erste, der, bei allem Kopfschütteln über die Jugend im allgemeinen und diesen Jungen speziell, begreift, welchen Wert Motorrad, Fliegen und Träumen für den Menschen haben, der sich der Suche anschließt.
Bei seiner Suche nun begegnet Karel vielerlei seltsamen Dingen - unter anderem auch der Versuchung, nämlich sein Motorrad hinzugeben für die materiellen Werte des Lebens, und damit auf sich selbst zu verzichten und auf das, wofür sein Vater gekämpft hat. Er vermag zu widerstehen. Aber allen - seinen alten erträumten Freunden und den jungen Bewohnern des Viertels Heiliger Berg genauso wie seinen Eltern - ist klar, daß er das rechte Verhältnis zum Leben nur wiedergewinnen kann, wenn er etwas Neues dazu gewinnt, etwas, zu dem ihm bisher aus Schüchternheit und Traum der Weg verwehrt war: die Liebe eines Mädchens. Noch einmal nimmt die Mutter die Gestalt der helfenden Fee an. Noch einmal leitet sie ihren Sohn in das Reich, zu dem er bisher keinen Zutritt hatte. Hier ist es der Blumenladen des schönen Mädchens Rosa Laub, das man aber nicht so leicht gewinnen kann, wie es zunächst aussieht. Man muß sich auf die Kraft seines Gefühls verlassen können, man muß in der Lage sein, die echte Rosa Laub von zwei völlig gleich aussehenden zu unterscheiden. Und siehe da, Karels Liebesfähigkeit und die „Kunst des Träumens" ist so ausgeprägt, daß ihm dies Kunststück gelingt – er findet die Seine. Während der Sohn Karel ins Leben eintritt, nimmt der Vater, eine Stelle räumend, wie ein alter Baum einem neuen Platz macht, Abschied vom Leben, ohne daß der Sohn darum weiß. Mit ihm stirbt das erste Mal ein Mensch in Heiliger Berg, wird das neue Viertel zu einer Stätte menschlichen Bei ein anders, in der für alle Dinge der Existenz Platz ist.
Keine Frage, daß Karel nun, die geliebte Rosa Laub an der Seite, auch mit großer Selbstverständlichkeit das Motorrad Usambara wiederfindet. Es war nur ein bißchen „verhext" und hinter der nächsten Ecke verschwunden. Der Meister freut sich, scheint ihm Karel mit dem Mädchen am Arm doch mit Recht dem tätigen Dasein wiedergegeben. So hat er nichts verloren, nur gewonnen bei seinem Eintritt in die neue Welt. Daß er mit Rosa Laub auf dem Motorrad fliegen kann, versteht sich von selbst. Alle können es auf einem leidlich geliebten Motorrad.
Waldtraut Lewin