Ullrich Gumpert - `n Tango Für Gitti

Ullrich Gumpert - `n Tango Für Gitti

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Ullrich Gumpert - `n Tango Für Gitti

Amiga Jazz Serie

Seite 1
Iphigenie

'N Tango für Gitti

Hier und anderswo

Seite 2
Corinth-Ritzen-Roller

Dave

Kompositionen: Ulrich Gumpert
Ulrich Gumpert (p) rec. 10. Februar 1982
Aufnahme: Rundfunk der DDR (Produktion: Rolf Reichelt)
Redaktion: Jürgen Lahrtz

Als Gumpert diese Musik zum ersten Mal spielte, breitete sich Sprachlosigkeit aus. Hier hatte einer den Nerv der Zeit berührt, indem er sich Erwartungen entgegenstellte, unspektakulär, dafür aber umso nachhaltiger erschütterte. Gumperts Name war zu diesem Zeitpunkt längst bekannt; seine Workshop Bands hatten auf internationalen Festivals Furore gemacht; mit SOK, mit Synopsis, im Duo mit Günter Sommer, im Trio mit Radu Malfatti und Tony Oxley war ein Weg markiert im freien Feld der Improvisation. Ging Gumperts Spiel oft im gemeinschaftlichen Resultat auf, so offenbarte sich nun im Solo die Mentalität dieses Musikers in nachdenklichen Gesten von nachhaltigem Eindruck.
Nein, ein Widerspruch ist es nicht. Gumpert ist ein Mann der Kollektivität, und er ist ein Einzelgänger. Er hat sich schwer zum unbegleiteten Solospiel durchgerungen, dann aber vorbehaltlos dieser Aufgabe gestellt, pianistische Möglichkeiten neu abgeklopft und durchgespielt. Nicht der virtuose Rausch, sondern der Respekt vor dem einzelnen Ton, dem Klang, gewann die Oberhand. Gumpert ist diesen Weg weiter gegangen, so wie er auch die Kollektivität weitergeführt hat. Die mit dieser Platte vorliegenden Aufnahmen dokumentieren eine einschneidende Phase in Gumperts musikalischer Entwicklung. Es ist eine Phase der Veränderung, und zugleich ist es ein Punkt, der zweifelsfrei prägnant und mutmaßlich kurz entschlossen gesetzt wird.
Doch Gumperts Solomusik ist nicht so plötzlich entstanden, wie es anmuten mochte. Schon die frühen Kompositionen für die Ulrich Gumpert Workshop Band ließen das Bemühen erkennen, Traditionen aufzunehmen. Wer meint, da wären deutsche Volkslieder „verjazzt" worden, hat nichts verstanden. Gumpert ist Jazzmusiker. Daß er sich dazu bekennt, schließt bei ihm einen moralischen Anspruch ein: den des authentischen Ausdrucks. So kam er beispielsweise auch zum Lied, und so kam er weiter auf der Suche nach verschütteten musikalischen Wahlverwandtschaften. Hanns Eisler, Erik Satie, Thelonious Monk ... Ein abenteuerliches Quellenverzeichnis. Gumpert versucht weder, Musikgeschichte zu zitieren, noch zu vereinnahmen. Dazu ist das, was ihn angeht, auch viel zu komplex und widerspruchsvoll. Gumpert reflektiert. Er bringt Sentiment ins Spiel ohne Rührseligkeit. Ironie ohne Zynismus. Wenn man von seiner Musik angesprochen wird, merkt man, daß Mut dazu gehört, Gefühle zu äußern. So finden sich in seinem Spiel die Spuren von Enttäuschungen und Hoffnungen - auf einer Stufe, die dem Begriff widerstrebt, und die doch mehr berührt als subjektive Befindlichkeit. Wer bei Jazz-Solopiano an eine Mischung von Romantik und Impressionismus aus dritter und vierter Hand denkt, wird nicht auf seine Kosten kommen. Hier wird mit höheren Einsätzen gespielt. Von Gesten war die Rede. Es ist wohl kein Zufall, daß Gumpert Theater- und Filmmusiken geschrieben hat. Seine Solomusik illustriert nicht, sie stellt Haltungen in den Raum, ermöglicht Assoziationen oft durch Sparsamkeit und klare Kontur. Bei aller Offenheit für das Improvisatorische, das bei Gumpert Gedanken weiterführt, manchmal auch kontert, zeigen die Soloaufnahmen ein erstaunliches Bewußtsein für Form.
Das Baukastenprinzip, bei Satie wiedergefunden, ermöglicht eine gewisse Lässigkeit im Umgang mit einzelnen Paßstücken, die hier jedoch nicht zur Beliebigkeit führt.
Konzentration scheint mir eines der Schlüsselworte für diese Produktion. Doch ist dies eine andere Art von Sammlung als die energieexplosive Hingabe im Prozeß gemeinschaftlichen Improvisierens, die Gumpert in anderem Kontext nach wie vor sucht und einlöst. Hier, im Solo, reicht die Besinnung auf das Instrument bis an die Angst heran, die Tasten herunterzudrücken. Nachdenklichkeit führt zu einfachen, bedeutenden (aber nicht Bedeutung erheischenden) Wendungen, die weit weniger Lösungen sind als Fragen. Daß Gumpert den offenen Ausgang, nicht den gloriosen Schluß liebt, weist über Fragen musikalischen Geschmacks gewiß weit hinaus.
Klavierspieler und Komponist, man sollte sich vergegenwärtigen, wie stark beide Berufungen ineinander greifen, daß sie im Spiel- und im Lebens-prozeß dieses Musikers kaum mehr voneinander zu trennen sind. Auch das hat Traditionen, die vom Montmartre der Jahrhundertwende über die legendären Sessions im New Yorker „Five Spot" bis in die Gegenwart reichen. Gumpert steht in der Jazztradition, auch dort, wo er sich als Grenzgänger zwischen den musikalischen Genres, zwischen Genialität und Dilettantismus, Kunst und Leben, Tiefsinn und Frivolität erweist. Ob man seine Solomusik als kleine Kneipenkunst (dazu erheischt sie zu viel Aufmerksamkeit) oder als hehre Bühnenkunst (dazu fehlt es ihr an Pathos) auffaßt, ist egal, solange das alles einordnen wollende Mißverständnis das vorurteilsfreie Hören nicht abblockt. Bricht sich letzteres Bahn, kann die Sinnlichkeit dieser Musik heiter und traurig stimmen, wie es Sprache nur selten vermag.
Bert Noglik

Mehr Informationen
ArtikelnummerAmiga 8 56 073
ProduktnameUllrich Gumpert - `n Tango Für Gitti
Preis17,90 €
LieferzeitIm Schallplattenladen Stralsund
InterpretUllrich Gumpert
Name - Titel`n Tango Für Gitti
LabelAMIGA
MedientypLP / Vinyl 12"
Vinylgewicht pro Schallplatte140 gramm
Anzahl der Platten1
BeilagenKeine
Release-Datum1984
Allgemeiner PlattenzustandGebraucht
Zustand TonträgerVery Good + (Sehr gut)
Zustand CoverVery Good + (Sehr gut)
PlattenreinigungReinigung mit Plattenwaschmaschine Double Matrix Professionel Sonic (Clearaudio)
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