Rhapsodie in Blue-Ein Amerikaner in Paris - Warschauer Konzert
Rhapsodie in Blue-Ein Amerikaner in Paris - Warschauer Konzert
Rhapsodie in Blue-Ein Amerikaner in Paris - Warschauer Konzert
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George Gershwin
Rhapsodie in Blue
Günter Gollasch, Klarinette Siegfried Stöckigt, Klavier Rundfunk-Sinfonie-Orchester Leipzig und Rundfunktanzorchester Leipzig Dirigent: Herbert Kegel
Richard Addinsell
Warschauer Konzert
Werner Richter, Klavier
Großes Orchester des Berliner Rundfunks
Dirigent: Zeljko Straka
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George Gershwin
Ein Amerikaner in Paris
Rundfunk-Sinfonie-Orchester Leipzig und Rundfunktanzorchester Leipzig Dirigent: Herbert Kegel
George Gershwin
Drei Preludes für Klavier
I. Allegro ben ritmato e deciso
II. Andante con moto e poco rubato
III. Allegro ben ritmato e deciso
Siegfried Stöckigt, Klavier
Musikregie: Wolfgang Kähne
Tonregie: Claus Strüben
George Gershwin, 1898 in New Yorker Stadtteil Brooklyn geboren und bereits 1937 in Hollywood infolge eines Gehirntumors aus intensivem Schaffen gerissen, zählt zu den Phänomenen der neueren Musikgeschichte, dessen eine Seite stets eine andere ad absurdum zu führen scheint: Verfasser ungezählter populärer Lieder und Schlager — Schöpfer unsterblicher Unterhaltungsmusik — Musiker des „sinfonischen Jazz" —
eigenwilliger Jünger der musica seria-------
erprobte Möglichkeiten einer Deutung, deren Gerüst der schnell berühmt gewordene, allseits verehrte, von seinen Landsleuten geradezu zum Idol erhobene Komponist doch immer wieder zu entschlüpfen droht. Der 16jährige begann seine künstlerische Laufbahn als Song Plugger im unbarmherziggleichförmigen Alltag eines Räderwerks, das aus möglichst unaufwendiger, eingängiger Musik Dollars produzierte — in der Tin Pan Allay, dem New Yorker Zentrum des mächtigen Musikverlagswesens, damit beschäftigt, Interessenten, Managern, Agenten auf Wunsch die neueste Produktion der leichten klingenden Ware auf dem Klavier zu servieren.
Der enge Kontakt zur Populärmusik ist bestimmend geworden für Gershwins kompositorische Haltung. Doch wie er damals Pausen im Auf und Ab des Arbeitstages mit Bachs „Wohltemperiertem Klavier" füllte (füllte, nicht einfach stopfte!), so hat er lebenslang um einen Aufstieg aus den Niederungen billiger Dutzend-Lieder gerungen — um einen Aufstieg mit aufrichtig populärer Musik, an deren Kunstanspruch er glaubte, nicht um ein mehr oder weniger arrogantes Sich-Erheben in Sphären „höherer" Musik. Das ist das Faszinierende an dieser Musikerpersönlichkeit: daß Gershwin seinen Werken und sich selbst, auch als Interpret (Pianist) vieler eigener Kompositionen, Eingang verschaffte in die geheiligten Tempel musikalischer Kunst — Carnegie Hall und Metropolitan Opera. Man möchte ihn den großen Gratwanderer zwischen Unterhaltung und Kunst nennen, der sich — beinahe starrköpfig vorwärtsdrängend — bewußt war, daß der Gipfel, den er ins Auge gefaßt hatte, auf dessen engem Terrain die Grenzen zwischen Kraftvoll-Populärem und Anspruchsvoll-Seriösem endgültig ausgelöscht sein würden, nur mit einem Fuß diesseits, mit dem anderen jenseits des schmalen Gipfelwegs erreichbar ist.
So betrachtet, wird der oft vorgebrachte Verdacht gegenstandslos, Gershwin sei von einer zwiespältigen, unentschlossenen künstlerischen Haltung, von einer Spekulation mit dem Applaus der Menge und der Akklamation der „Kunstverständigen" nicht losgekommen.
Gershwins Musik, wie die jedes großen Künstlers einmalig und unverwechselbar, ist nur als eine „Summe" begreifbar, in der die Einzelglieder aufgegangen sind — fern von Stilmischmasch, ebenso fern aber auch von Eklektizismus. Die Synthese wird erreicht durch Verschmelzen von außerordentlich Unterschiedlichem. Doch der Verschmelzungsvorgang stellt sich nicht aus, er erfolgt im Verborgenen.
Gershwin hat die unverbrauchte Kraft des Jazz, der Volksmusik der amerikanischen Neger, erkannt; er hat sich zu der Frische und Vielgestaltigkeit vor allem seiner Melodik bekannt, hat auf diesem Fundament das Gebäude seines musikalischen Schaffens errichtet — und hat doch niemals Jazz geschrieben. Er war zu Hause in den Revue-und Musical-Theatern des Broadway, deren Produktionen er mit zahllosen für den Alltagsgebrauch bestimmten Liedern und Songs in Rhythmus der zeitgenössischen Tanzmusik ausstattete — und doch war er nicht mit billigem Amüsement zufrieden: Gerade er etablierte Anfang der dreißiger Jahre, beginnend mit „Strike Up The Band", eine gesellschaftskritische Tönung auf der Bühne der musical comedy. Und er ließ sich faszinieren von der Farbigkeit des französischen Musikimpressionismus, von Debussy, Ravel, die nicht ohne Wirkung auf Gershwins Harmonik geblieben sind. Er spielte Tennis mit den Neutöner Arnold Schönberg, besuchte Alban Berg, wurde von Leopold Stokowski, berühmten Dirigenten, aufgesucht, und Arturo Toscanini dirigierte unter anderem den „Amerikaner in Paris". Ravel lehnte ein Ersuchen um Unterricht mit den vielsagenden Worten ab: „Warum wollen Sie ein Ravel zweiten Ranges werden, da Sie doch ein Gershwin ersten Ranges sind? Gehen Sie Ihren eigenen Weg! Sie brauchen keinen Lehrer."
Den eigenen Weg. Er hat ihn sich und seinen Betrachtern nicht leicht gemacht. Es genügt nicht, die „Rhapsody in Blue", „An American in Paris", das „Concerto in F for Piano and Orchestra", die „Jazz Piano Preludes", die „Second Rhapsody", die „Cuban Ouvertüre" und schließlich „Porgy and Bess" als dem Jazz im Grunde treu gebliebene Aufbrüche des Komponisten „leichter" Musik in „ernste" Bereiche zu feiern; ebensowenig führt ein Wägen jener Werke mit den Maßen und Gewichten, deren die Meister sinfonischer Musik bedürfen, zu einem objektiven Ergebnis — die „Fehler", Unebenheiten, der Mangel an sinfonischer Durcharbeitung träten all zu offen und zugleich fehl interpretiert zutage. Gershwins Musik (insbesondere die konzertante) entzieht sich eines Vergleichs; sie ist nur mit sich selbst vergleichbar. Hier wird eine höchst persönliche Musiksprache geredet, die auch nicht mit dem leidigen, weil mißverständlichen Schlagwort „Sinfonischer Jazz" ausreichend zu fassen ist. Es steht außer Zweifel, daß Gershwin für eine Verschmelzung zwischen Jazz und Sinfonik Außerordentliches geleistet hat. Doch kann andererseits nicht übersehen werden, daß die Saat seiner Bemühungen um eine dem Jazz verpflichtete sinfonische Musik weitgehend auf dem Boden des aufgeblähten, aus Gründen kommerzieller Ergiebigkeit künstlich in größere Dimensionen gebrachten Whitemanschen Pseudo-Jazz aufging, der sich recht spürbar von dem Streben etwa Duke Ellingtons nach konzertanter Wirksamkeit entfernt hatte.
Dem Orchesterchef Paul Whiteman verdankte Gershwin viel. Whiteman erkannte die über das Revue-Niveau hinausweisende Begabung des jungen Mannes; er beauftragte ihn mit der Komposition eines Orchesterwerks „in a jazz idiom" und stellte dem im Gebrauch des Orchesters noch Ungeübten seinen Arrangeur Ferde Grofe zur Seite. Die »Rhapsody in Blue" etablierte Gershwins Instrumentalstil; in den folgenden Werken zeigt er sich vervollkommnet, modifiziert (im „Amerikaner in Paris" beispielsweise durch Gershwins Impressionen von französischer Eleganz, Leichtigkeit, französischem Charme), dem Wesen nach jedoch unverkennbar: die „jazzige" Melodik, die große Geste insgesamt, die Spannkraft von der ersten bis zur letzten Note, die Empfindsamkeit, Vitalität und zugleich Nervosität einer trotz europäischer Beeinflussung durch und durch amerikanischen Tonsprache, vor der das Additive formaler Unbekümmertheit in den Hintergrund tritt. Gershwins erste „Rhapsody" ist das — schon mit der kühnen Klarinettenpassage des Anfangs als neuartig ausgewiesene — Einstandswerk eines ernsthaften Musikers, eines hervorragenden Melodikers im Gefilde der Konzertmusik. Das Klavierkonzert F, der „Amerikaner in Paris" (jener überlegenheitere, zauberhaft instrumentierte Schlender-Spaziergang durch den Trubel der Seine-Stadt, dessen einzelne Abschnitte überzeugender verbunden, verwoben sind als in der vier Jahre zuvor geschriebenen „Rhapsody in Blue"), die. hinreißende „Cuban Ouvertüre" und nicht zuletzt die Variationen über den Refrain seines eigenen Liedes „I Got Rhythm" erweisen sich als wesentliche Stationen auf dem Weg zu handwerklicher und künstlerischer Meisterschaft, an dessen allzu vorzeitigem Ende die Neger-Volksoper „Porgy and Bess" steht. Auf der Mitte zwischen der „Rhapsody in Blue" (1924) und dem „Amerikaner" (1928) entstanden fünf Klavier-Preludes; drei davon sind berühmt geworden — echte Gershwins in kleinerer Dimension: von geradezu aggressiver Frische das kraftvolle erste und das übermütige dritte, voll schlichter Emotion das melodisch dem Blues nahestehende mittlere. Neben Werken Gershwins bringt unsere Platte — nicht zufällig — das „Warschauer Konzert" des englischen Komponisten Richard Addinseil (geb. 1904), hervorgegangen aus einer Filmmusik, gewidmet dem Andenken an den Warschauer Ghetto-Aufstand, ohne damit eine musikalisch programmatische Tendenz zu verbinden. Europäischer in seiner Haltung, hat es doch manches gemeinsam mit Gershwins rhapsodischen Werken, die hier ohne Zweifel ebenso eingewirkt haben (ohne nachgeahmt worden zu sein) wie etwa Rachmaninowsche Klaviervirtuosität. Es ist ein Stück guter, niveauvoller, von Billigkeit ferner Unterhaltungsmusik, auch wenn es sich, seinem selbstgewählten Thema entsprechend, ernst und gesetzt gibt.
Hans-Gerald Otto
Artikelnummer | Amiga 8 45 056 |
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Produktname | Rhapsodie in Blue-Ein Amerikaner in Paris - Warschauer Konzert |
Preis | 9,90 € |
Lieferzeit | Im Schallplattenladen Stralsund |
Interpret | Various Artists |
Name - Titel | Rhapsodie in Blue-Ein Amerikaner in Paris - Warschauer Konzert |
Label | AMIGA |
Medientyp | LP / Vinyl 12" |
Vinylgewicht pro Schallplatte | 140 gramm |
Anzahl der Platten | 1 |
Beilagen | Keine |
Allgemeiner Plattenzustand | Gebraucht |
Zustand Tonträger | Very Good + (Sehr gut) |
Zustand Cover | Very Good + (Sehr gut) |
Plattenreinigung | Reinigung mit Plattenwaschmaschine Double Matrix Professionel Sonic (Clearaudio) |