Manfred Schulze Bläser Quintett - Choral-Konzert

Manfred Schulze Bläser Quintett - Choral-Konzert

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Choral-Konzert
Manfred Schulze Bläser Quintett

Seite 1
Choral-Konzert (Part I)

Seite 2
Choral-Konzert (Part II)

Komposition: Manfred Schulze
Manfred Schulze Bläser Quintett:
Heiner Reinhard (ss)
Dietmar Diesner (as)
Manfred Hering (ts)
Johannes Bauer (tb)
Manfred Schulze (Id, bars)
rec. 8.1.1988
Aufnahme: Rundfunk der DDR (Produktion: Walter Cikan)
Redaktion: Jürgen Lahrtz

Auf die Frage, warum er, der Jazzmusiker, sich mit Musikgeschichte, Kompositions- und Formenlehre befasse, hat Manfred Schulze einmal geantwortet: „Man muß sich einfach um die Quellen der europäischen Musik bemühen." Die Auseinandersetzung mit dem gegebenen historischen Umfeld erscheint Schulze unabdingbar. Was man vermeintlich für Modeströmungen im Jazz hält, erregt seinen Unmut. Künstlerische Kompromisse sind ihm wesensfremd. Als Improvisator hat Manfred Schulze eine Spielweise ausgeprägt, deren geradezu physische Expressivität an die neuere Jazztradition anschließt. Hinsichtlich des musikalischen Materials, mit dem erarbeitet, ergeben sich aber auch Korrespondenzen zur zeitgenössischen komponierten Musik. Schließlich verbindet Schulze im eigenen Schaffen improvisatorische und kompositorische Praxis mit der Absicht, komplexe Zusammenhänge herzustellen. Er kritisiert die Beliebigkeit von Jazz-Chorussen, die sich lediglich an den Harmonien des Themas entlang hangeln, und entwirft demgegenüber Vorgaben für strukturelle Verknüpfungen.
Mit der Musik, die er entwickelte, hat Manfred Schulze vieles vorweggenommen, was erst später als „aktuell" gefeiert wurde: die Einbeziehung unterschiedlich gestalteter Improvisationsmodelle, die Arbeit mit Bläserensembles ohne Rhythmusgruppe, die Beschäftigung mit der Klarinette (lange vor deren „Renaissance" in der improvisierten Musik), vor allem aber die Verbindung einer vom Jazz angeregten Spielpraxis mit europäischen Kulturtraditionen und den Erfahrungen europäischer Musiker. Es war nie Schulzes Absicht, die anderen zu überholen. Ihn mitleidig als Zu-früh-Gekommenen zu bewundern, wäre Blasphemie. Die Musik Manfred Schulzes hat immer ihre Zuhörer gefunden, ihre Anhänger begeistert. Dennoch gilt es, sich zu vergegenwärtigen: Die erste Formation eines Manfred Schulze Bläser Quintetts entstand bereits Ende der sechziger Jahre, 1969. Bläsergruppen, die „a cappella" spielen, sind erst in den achtziger Jahren in der improvisierten Musik häufiger und nur sehr bedingt heimisch geworden. Wann immer Ensembles um Manfred Schulze auf internationalen Festivals spielten, lösten sie Faszination beim Publikum und Bewunderung bei Kollegen aus. Nach dem Auftritt des Manfred Schulze Bläser Quintetts zum Prager Jazzfestival 1972 reihte sich selbst ein Slide Hampton in die Schar der Gratulanten ein. Und als Manfred Schulze viele Jahre später zum Internationalen New Jazz Festival in Moers mit den Mitgliedern des kalifornischen ROVA Saxophone Quartets zusammentraf, bestätigten ihm diese aus der Rundum-Perspektive der amerikanischen Westküstenkultur, weltweiten Entwicklungen improvisierter Musik vorausgeeilt zu sein. All das mag Aufmerksamkeit auf Manfred Schulze lenken. Er selbst hat Publizität nie an sich gezogen und doch, was ihm zu sagen wichtig war, immer gesagt, musikalisch gesagt. Die personelle Besetzung der Manfred Schulze Bläser Quintette erfuhr im Laufe der Jahre Veränderungen. Bestimmte Stücke blieben über lange Zeiträume hinweg Bestandteil des Repertoires. Auch dies also gilt es, sich beim Hören dieser Schallplatte zu vergegenwärtigen: Manfred Schulzes Choral-Konzert wurde bereits 1972 im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Jazz in der Kammer" uraufgeführt. Die Anteile des Improvisatorischen freilich heben jedes Konzert des nur bedingt vorkonzipierten Werkes in den Rang einer Uraufführung. Und in welchem Maße sich diese Musik synchron oder asynchron zur musikalischen Erfahrung der Zuhörer verhält, kann schwerlich verallgemeinert werden.
Was den Ausdruck anbelangt, immer auf die Spieler und die Gegenwart bezogen, greift Schulze Formen und Kompositionstechniken der europäischen Musiktradition durchaus respektvoll auf. Sein Choral-Konzert lehnt sich an die freie Form der mehrstimmigen Choralbearbeitung an, die die Choralmelodie als cantus firmus noch erkennen läßt, jedoch eine Vielzahl satztechnischer Verfahren, Variationen, Umkehrungen und Modulationen einbezieht und vor allem aus der Gegenüberstellung von Solisten und Ensemble geradezu dramatische Spannungen zu entwickeln vermag. Die historischen Reminiszenzen - man mag etwa an das um 1600 aufkommende Choralkonzert und Komponisten wie Michael Praetorius denken -bleiben vage. Genau genommen wird hingegen die auf einer bestimmten Stufe europäischer Musikentwicklung entstehende Geisteshaltung einer individuellen Ausdeutung des Überlieferten bei gleichzeitiger Bindung an das Kollektiv, die Transformation des liturgisch Gebundenen ins Weltliche, schließlich auch das formal zwingende Ineinandergreifen von kompositorischer Vorgabe und Improvisation. Letzteres, weiß Schulze, ist keinesfalls eine „Erfindung" neueren Datums, sondern eben Erbe und durchaus noch aufzuspürende Praxis kirchenmusikalischer Tradition. Diese mit Jazzmusikern, mit zur Improvisation besonders befähigten Musikern formal und inhaltlich neuerlich zu erweitern, läßt sich Schulze als Intention durchaus zuschreiben.
Biographisch erinnern mag man an Manfred Schulzes frühe Mitwirkung im Orchester Eberhard Weise und an das gemeinsam mit Ernst-Ludwig Petrowsky geleitete Manfred-Ludwig-Sextett (Anfang der sechziger Jahre); an die Gruppe Praxis II und die Manfred Schulze Formation; an die 1973 beginnende Zusammenarbeit mit Hermann Keller, im Duo, später im Berliner Improvisations-Quartett (vgl. Amiga 8 55 717) und im Berliner Improvisations-Trio sowie bei der Leitung von Werkstattorchestern; an die Mitwirkung Schulzes in der Hannes Zerbe-Blech Band (vgl. Amiga 8 56 043) sowie in kleineren Besetzungen mit Hannes Zerbe (vgl. Amiga 8 55 858); auch an das Duo mit Wilfried Staufenbiel sowie an größere Besetzungen, die Manfred Schulze von Zeit zu Zeit um sich versammelt. - Die Mitglieder des auf dieser Platte zu hörenden Manfred Schulze Bläser Quintetts verdanken Manfred Schulze -trotz ihres unterschiedlichen Alters - Wesentliches, verdienen aber allesamt individuelle Würdigung. Daß sie ihre Ausdruckspotenz hier vorbehaltlos in einen von Manfred Schulze gestifteten Zusammenhang einbringen, kann zugleich als Hommage an einen Musiker gewertet werden, dessen innovatives Schaffen im Schnittbereich von Jazz und europäischer Musik, von Improvisation und Komposition unverkennbar individuell erscheint, aber mittlerweile Kreise um sich gezogen hat.
Bert Noglik

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ArtikelnummerAmiga 8 56 356
ProduktnameManfred Schulze Bläser Quintett - Choral-Konzert
Preis19,90 €
LieferzeitIm Schallplattenladen Stralsund
InterpretManfred Schulze Bläser Quintett
Name - TitelChoral-Konzert
LabelAMIGA
MedientypLP / Vinyl 12"
Vinylgewicht pro Schallplatte140 gramm
Anzahl der Platten1
BeilagenKeine
Release-Datum1988
Allgemeiner PlattenzustandGebraucht
Zustand TonträgerVery Good + (Sehr gut)
Zustand CoverVery Good + (Sehr gut)
PlattenreinigungReinigung mit Plattenwaschmaschine Double Matrix Professionel Sonic (Clearaudio)
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