Johannes Bauer, Annick Nozatti & Fred van Hove

Johannes Bauer, Annick Nozatti & Fred van Hove

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Johannes Bauer Annick Nozati Fred Van Hove
Seite 1
Petite Suite  
Mouvement KC  
Drei Gesänge
lnari Konta 3

Seite 2:
Ommekeer
La Porte
De Dans
Minos
4:32

Johannes Bauer (tb)
Annick Nozati (voc)
Fred van Hove (p, acc)
Aufnahmen: Rundfunk der DDR (Produktion: Walter Cikan)
Kompositionen:
Johannes Bauer/ Annick Nozati/ Fred van Hove
rec. 6. 9.1988, Berlin Redaktion: Jürgen Lahrtz

Was bei dieser Musik theatralisch anmutet, verweist auf ganzheitliches Erleben. Vorbehaltlos die eigene Befindlichkeit ins Spiel bringend, folgen die Akteure und die musikalischen Geschehnisse ebenso den Kapriolen des Kopfes wie den Regungen des Körpers. Posaune, Gesang, Klavier - Kammermusik wohl, doch gewiß keine Anpassung an deren moderate Züchtigkeit. Aufeinander eingestimmt zu sein bedeutet für dieses Trio zugleich die Übereinkunft, daß keine Stimmung unterdrückt, keine Gemütsregung ausgegrenzt werden soll. So ist alles offen und unmittelbar und unberechenbar. Keiner ist Solist, keiner Begleiter, es gibt keinen Regisseur oder Dirigenten, alle sind verantwortlich. Musikalische Dynamik und Struktur spiegeln spielerische Konzentration wie auch den Fluß der Emotionen, den Verlauf physischer Schwingungen. Es wird aufeinander und auf die Situation reagiert - schreiend, fauchend, lachend, schnatternd, keuchend, elegisch hauchend oder furienhaft kreischend. Bedeutungsschwere und Augenblickskomik, Ariengestus und Singsang sind oft nur eine Sekunde voneinander entfernt. Mit der gemeinsamen Improvisation ist es allen dreien auch deshalb verdammt ernst, weil sie ungeheuren Spaß daran haben. „Wir kommen nicht auf die Bühne, um eine bestimmte Musik zu improvisieren," sagt Johannes Bauer, „sondern weil wir etwas mitteilen wollen." Die Dramatik des Spiels schöpft aus der ungeheuerlichsten Quelle künstlerischen Ausdrucks - der Alltäglichkeit. Antonin Artaud, der beklagte, daß die Schauspieler nicht mehr wüßten, wie ein Schrei ausgestoßen wird, stellte fest, daß „jedem Aufwallen des menschlichen Gefühlslebens ein Atem entspricht, der zu ihm gehört." Die Musik dieses Trios - und das gilt für den wortlosen Gesang ebenso wie für die Instrumentalstimmen - ist voller Atem.
Johannes Bauer, geboren 1954, hat zur Jazzentwicklung in der DDR wesentlich beigetragen. Seit 1979 freischaffend als improvisierender Musiker tätig, verbindet ihn eine kontinuierliche Zusammenarbeit mit Kollegen des eigenen Umfelds, u.a. als Mitglied des Manfred Schulze Bläserquintetts, der Ulrich Gumpert Workshop Band, des Ulrich Gumpert Trios, der Gruppe „Doppelmoppel" und später des „Quartetts ohne Namen" wie auch, bereits seit 1980, als Leiter verschiedener Workshopbands. Auf vielfältige Weise ist Johannes Bauer mit internationalen Entwicklungen improvisierter Musik verbunden. Er gehört zum Stamm der Musiker von Peter Brötzmanns Alarm Orchester und von Tony Oxley's Contemporary Music Ensemble; in der Gruppe „Slawterhaus" spielt er gemeinsam mit Dietmar Diesner, Jon Rose und Peter Hollinger. Gelegentlich war Johannes Bauer an Konzerten bzw. Tourneen mit dem Globe Unity Orchestra, Derek Bailey's Company und Cecil Taylor's
European Big Band beteiligt. Die Namen sprechen für sich, ebenso die vielen derer, mit denen Johannes Bauer in wechselnden Besetzungen gespielt hat: Han Bannink, Irene Schweizer, Evan Parker, George Lewis, Keith Tippett, Sabu Toyozumi, Phil Minton, Paul Lovens, Günter Sommer, Ernst-Ludwig Petrowsky, Phil Wachsmann, Paul Lytton,... nicht zuletzt freilich Fred van Hove und Annick Nozati. Annick Nozati sammelte Erfahrungen im Bereich der bildenden Kunst und im Umkreis des Theaters, bevor sie sich von 1968 an verstärkt für Musik zu interessieren begann. Eigentlich wollte sich die Französin ausschließlich der Tätigkeit als Schauspielerin widmen. Durch ihre Bekanntschaft mit Jaques Lasry fand sie Zugang zur kreativen Beschäftigung mit „sonoren Strukturen", was eine Erweiterung ihres künstlerischen Aktionsradius zur Folge hatte. Theatralisches, Lautpoetisches und Musikalisches erschlossen sich für sie zunehmend als Zusammenhang. Als Schauspielerin und Performance-Künstlerin nutzt Annick Nozati Möglichkeiten gesanglichen Ausdrucks; und als Sängerin setzt sie mit Selbstverständlichkeit auch theatralische Mittel ein: Mimik, Gestik, Körpersprache. Die Chance unvermittelter Expressivität und die Herausforderung unmittelbarer Kommunikation mit dem Publikum ließen sie mehr und mehr im Bereich improvisierter Musik aktiv werden. Ihre Motivation als Sängerin umreißt sie so: „Mir geht es nicht darum, die mir noch verbleibende Zeit mit Singen zu verbringen. Singen ist für mich eine dringende Lebensnotwendigkeit." Annick Nozati hat wiederholt mit Joelle Leandre im Duo bzw. in einer durch Irene Schweizer erweiterten Trio-Besetzung und auch mit Gruppen improvisierender Frauen zusammengearbeitet.
Fred van Hove kann man getrost einen der jung gebliebenen Väter der europäischen improvisierten Musik nennen. 1937 in Antwerpen geboren, hat er in verschiedenen stilistischen Bereichen des Jazz Erfahrungen gesammelt und schließlich den Weg zur freien Improvisation gefunden. Von 1966 an arbeitete er über ein Jahrzehnt mit Peter Brötzmann zusammen, zunächst im Quartett und in größeren Besetzungen, später im legendären Trio mit Han Bennink. Anfang der siebziger Jahre begann Fred van Hove, auch Solokonzerte zu geben. 1971 entstand das Duo mit dem Saxophonisten Cel Overberghe. Fred van Hove zählt zu den Initiatoren und tatkräftigen Mitarbeitern der „Werkgroep Improviserende Musici", einer Kooperative belgischer Improvisationsmusiker. Ein Gruppenprojekt Fred van Hoves, genannt „Musica Liberia Antverpiae", ist von ihm seit 1978 mit verschiedenen Besetzungen realisiert worden, u.a. mit Mark Charig, Radu Malfatti und Paul Rutherford, auch mit Mark Charig, Phil Wachsmann und Günter Sommer sowie mit Andre Goudbeek und Ivo Vander Borght. Seit 1984 ist Fred van Hove wiederholt mit dem „Belgisch Pianokwartet" aufgetreten. Zu den Musikern, mit denen er im Duo zusammengearbeitet hat, zählen Albert Mangelsdorff, Vinko Globokar, Steve Lacy, Lol Coxhill, Andre Goudbeek, Phil Wachsmann, ... Annick Nozati. Hin und wieder gab van Hove auch Konzerte an Kirchenorgeln. Er schrieb zahlreiche Kompositionen, u.a. für Filme und Theateraufführungen,
Fred van Hove und Annick Nozati sind sich erstmals bei einem Workshop improvisierender Musiker in der kleinen burgundischen Ortschaft Cluny begegnet. Annick Nozati betreute dort den Kurs für Sängerinnen, Fred van Hove den für Pianisten. Beim Abschlußkonzert eines Kollegen äußerte Annick zu Fred, es gefalle ihr überhaupt nicht, und Fred stimmte zu. Aus dieser negativen Übereinstimmung erwuchs die praktisch positiv beantwortete Frage, ob sich der Dialog nicht musikalisch fortsetzen ließe. Die Augenblicksidee bot den Ausgangspunkt für langfristig angelegte Improvisationsprozesse. Ab und an wurde aus dem Duo ein Trio - etwa wenn Mark Charig hinzustieß oder Phil Wachsmann oder... Johannes Bauer. Das Trio mit Johannes Bauer, Annick Nozati und Fred van Hove erwies sich von Anfang an als besonderes Wagnis und besonderer Glücksfall. „Was mir daran gefällt," sagt Fred van Hove, „ist das Organische. Zugleich fühle ich mich auch vom Risiko ganz stark angezogen - das wunderbare und schreckliche Gefühl, daß eine Sekunde vor dem Konzert, vor dem Spielen noch gar nichts da ist, daß man in der nächsten Sekunde auf die Nase fallen oder in den Himmel steigen kann; die Verantwortung, beinahe über Tod und Leben zu entscheiden, und doch nur der Versuch, mit den bescheidenen Möglichkeiten immer wieder neu etwas anzufangen."
Bert Noglik
Fotos: Uli Pschewoschny
Gestaltung: Karl Groß

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ArtikelnummerAmiga 8 56 411
ProduktnameJohannes Bauer, Annick Nozatti & Fred van Hove
Preis14,90 €
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InterpretJohannes Bauer, Annick Nozatti & Fred van Hove
Name - TitelJohannes Bauer, Annick Nozatti & Fred van Hove
LabelAMIGA
MedientypLP / Vinyl 12"
Vinylgewicht pro Schallplatte140 gramm
Anzahl der Platten1
BeilagenKeine
Release-Datum1989
Allgemeiner PlattenzustandGebraucht
Zustand TonträgerVery Good + (Sehr gut)
Zustand CoverVery Good + (Sehr gut)
PlattenreinigungReinigung mit Plattenwaschmaschine Double Matrix Professionel Sonic (Clearaudio)
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