Janis Joplin

Janis Joplin

Move Over

Half Moon

Cry Baby

Me and Bobby McGee

Mercedes Benz

Down on Me

Bye Bye Baby

Get it While You Can - Bell and Chain

Ihr erster Hit im Jahre 1966 war eine Sensation, ihr Tod 1970 ein Schock. Dazwischen lagen vier Jahre, in denen sie ein nach Millionen zählendes Publikum erreichte und in der Rockmusik neue Maßstäbe setzte.
Janis Joplin wurde am 19. Januar 1943 in Port Arthur im USA-Staat Texas geboren, einer Kleinstadt im konservativen Süden mit der dafür typischen Borniertheit und Bigotterie, mit engstirnigen Lebensnormen, gegen die das sensible Mädchen schon sehr bald zu rebellieren begann. Mit siebzehn Jahren lief sie aus dem wohlsituierten bürgerlichen Elternhaus fort, trampte durch alle möglichen Städte von Houston bis San Francisco, machte ein paar vergebliche Versuche, an verschiedenen Colleges ein Studium zu absolvieren, lebte von Arbeitslosenunterstützung und begann schließlich - irgendwann einmal - zu singen.
Zuhause in Port Arthur hatte sie eine Reihe von Platten mit Aufnahmen schwarzer Blues- und Folksänger wie Leadbelly, Bessie Smith und Odetta gehört, und dem entsprach das Repertoire, mit dem sie nun in den Folk-Kneipen von San Francisco aufzutreten begann. Sie sang nach, sang diszipliniert, hielt ihre Gefühle im Zaum - und kam mit sich und der Musik nicht so recht zu Rande. Sie ging zurück nach Austin, wo sie in Hillbilly-Lokalen tingelte und eines Tages von Produzent Chet Helm entdeckt wurde, der sie wieder nach San Francisco zur Gruppe „Big Brother And The Holding Company" holte. „Er sagte mir, Big Brother suchte
eine Sängerin, also dachte ich mir, ich könnte es ja mal versuchen," erinnerte sie sich später. „Ich weiß nicht, was da passierte. Ich bin einfach explodiert. So hatte ich noch nie gesungen. Ich hatte so 'was in der Art von Bessie Smith gemacht. Große offene Töne. Ich stand still und sang einfach. Aber so kann man nicht singen, wenn man vor einer Rock-Band mit all ihrem Rhythmus und ihrer Lautstärke steht..." Und so wurde sie die Janis Joplin, wie sie die Leute kannten - wild, rauh, kraftvoll, echt und wahr bis zur Selbstaufgabe. Sie wurde die Sängerin, die mit der Intensität einer Dampframme und dem Zartgefühl einer Briefwaage sich selbst sang. Sie sang von Liebe, Treue, Untreue, Herz und Schmerz, und nichts davon geriet ihr zur Banalität. Überdies erreichte ihre erste Langspielplatte binnen kürzester Frist den ersten Platz der US-amerikanischen LP-Hitparade.
Nach zwei Jahren, im September 1968, trennte sich Janis Joplin von „Big Brother And The Holding Company", ein Schritt, der häufig fehlinterpretiert wurde in der Richtung, sie sei mit der musikalischen Potenz der Band nicht mehr zufrieden gewesen. Das wurde von ihr ausdrücklich dementiert: „Das war eine ganz traurige Sache. Ich liebe die Jungs mehr als sonst irgendjemand auf der Welt, das wissen sie auch ... Wir haben zwei Jahre lang wöchentlich vier bis sechs Abende gearbeitet, immer wieder die selben Lieder gespielt, und wir haben alles dahinein gelegt, was wir konnten. Wir haben einfach einander aufgebraucht."
Mit ihrer neuen Gruppe „Full Tilt Boogie" gelang ihr ein nahtloser Übergang. Sie setzte sich nun endgültig als eine ungekrönte aber unbestrittene Königin der Rockmusik durch. Sie gebrauchte ihre rauhe, über drei Oktaven reichende Stimme mit immer größerer technischer und stilistischer Perfektion und entwickelte dabei immer neue, überraschende Nuancen.
Gleichzeitig wurde ihr Lebensstil immer hektischer, sie lebte und liebte exzessiv und trank Unmengen von Alkohol, ganz offenkundig, um sich über die Ausweglosigkeit sowohl ihrer eigenen Lage als sensible Künstlerin in einer ausschließlich auf kommerziellen Profit orientierten Gesellschaft als auch der ganzen Hippie-Szenerie hinwegzubetäuben, deren Exponent sie war wie kein anderer Künstler. Das Scheitern des Konzepts von Liebe und Gewaltlosigkeit mündete in resignierender Selbstzerstörung. So ist auch Kris Kristoffersons „Me And Bobby McGee" (Freiheit ist nur ein anderes Wort für „nichts mehr zu verlieren haben") in Janis Joplins Interpretation nicht nur eine Bitter-schöne Ballade über das Ende einer Liebe, sondern vor allem der Abgesang auf eine schöne Utopie.
Als die Platte mit diesem Lied erschien, lebte Janis Joplin schon nicht mehr. Am 5. Oktober 1970 fand man sie in einem Hotelzimmer in Los Angeles mit einer tödlichen Dosis Heroin in den Adern.
Manfred Wagenbreth (1981)