James C. Booker - Let´s Make a Better World

James C. Booker - Let´s Make a Better World

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James C. Booker - Let´s Make a Better World

Diese Platte ist ein Produkt eigener Musikinteressen, war nie bei Amiga geplant und hat entsprechend auch keine Amiga-Nummer.

Ein herzliches Dankeschön an Norbert Hess, dem wir diese Booker Tournee verdanken und der viel Blues dahin gebracht hat, wo die Menschen den Blues hatten - jeden Tag - und dessen Musiker oft unentgeltlich private Konzerte gegeben haben, wo der Staat und die Partei diese untersagt hatten. Es hat Manches leichter gemacht und es ist schön. Erinnerungen aus jener finsteren Zeit auch hören zu können.
Ein ganz spezieller Dank aber gebührt meinen früheren Kollegen in der Tontechnik, die diese Aufnahmen erst möglich gemacht haben und den Arbeitern an den Pressen in Potsdam/ Babelsberg, die wenige Minuten vor ihrer entgültigen Abschaltung diese Platte gepreßt haben - Menschen die Besseres verdient hatten - als von einer Koalition aus alten Seilschaften und neuen Zynikern abgewickelt zu werden.
LET'S MAKE A BETTER WORLD !
Diese Platte wird niemals einen Preis gewinnen, nicht vergoldet weren, nie ein Hit sein. Immerhin schrieb eine kompetente Fachzeitschrift über das Konzert aus dem dieser Mitschnitt stammt. folgendes: 'James Booker toured London, Germany and Switzerland Oct 18 - Dec9. His concert in Leipzig (German Democratic Republic) was one of the best he gave." Das ist nun bereits 17 Jahre her und vieles ist anders geworden. Booker ist tot - er starb am 8. November 1983 im Charity Hospital seiner Heimatstadt New Orleans - und diese Deutsche Demokratische Republik, mitsamt ihren merkwürdigen Institutionen und Einrichtungen, gibt es nicht mehr. Überlebte diesen großartigen Pianisten fast auf den Tag um genau 6 Jahre. Unter Einbeziehung des psychologisch-soziologischen Aspekts ist dem einiges hinzuzufügen, bevor diese Platte ihrem Anspruch gerecht wird, ein Tondokument vor zeitgeschichtlichem Hintergrund zu sein.
Da ist es schon von Bedeutung, folgende Fragen zu klären: -wo, in welchem Umfeld und vor allen Dingen, unter welchen Umständen fand dieses Konzert statt?
-in welchem Rahmen und in welchen Räumlichkeiten erklang diese Musik und was waren es für Menschen, die sie spielten, hörten und für die sie letztlich zu einem großen, gemeinsamen Erlebnis wurde? -wann und mit welcher zeitlichen Differenz wurde diese Platte produziert?
Als ich James Booker anläßlich seines zweiten Berliner Gastspiels im Filmtheater "International" betreuen durfte, gehörte dieser Teil der Stadtmitte unweit des Alexanderplatzes noch zu Ost-Berlin, das natürlich so nicht genannt werden durfte.
Booker hielt es für Rußland. War stinksauer. Wenn schon Rußland, dann wollte er ein Konzert im Kreml, zur Not umsonst. Richtigstellungen wie: Das ist Berlin, die eigentliche Hauptstadt Deutschlands, nutzten da wenig. Das wußte er besser. Schließlich kam er gerade aus Deutschland, hatte zu allem Überfluß auch in Berlin gespielt und da war eben doch alles anders - ganz anders. Ein tolles Argument, voll von umwerfender Logik. Er lachte mich aus. Berlin-?! Für ihn war diese fremde Stadt doppelt so tot wie der Londoner Zentralfriedhof.
Als wir schließlich im Restaurant des Hotels "Stadt Berlin" am Alex warten mußten, bis uns, trotz dutzender freier Tische, vom Oberkellner ein Platz zugewiesen wurde, war der Rest Schweigen. James Booker war mißtrauisch geworden, dachte seinetwegen. Weg - nur weg.
Gesundheitlich ohnehin völlig am Boden, schien es unmöglich, ihn zu einem Auftritt zu bewegen. Er lag völlig apathisch und depressiv auf der Couch meines Wohnzimmers. Junco Partner - eine autobiografische Tragödie? Als mir nichts mehr einfiel, legte ich eine Schallplatte auf - "Rubinstein plays Chopin." Sonate Nr.2 b-moll op.35. Marche funebre. Das gequälte Gesicht mit der Augenklappe schien plötzlich gelöst. Artur! Das war seine Welt Erschütternd. James Booker weint, als ich ihm sage, die Platte gehöre jetzt ihm. Mit Hilfe eines befreundeten Facharztes der Berliner Charite, selbst ein guter Jazzpianist, kam schließlich noch ein recht ordentliches Konzert zustande. Waren mit Jazz und Blues nicht gerade verwöhnt worden, die Menschen in dieser geteilten Stadt. Hatten viel Verständnis, waren dankbar -lieb! Ausgesperrt, reglementiert, bevormundet, seit mehr als fünfzehn Jahren.
Ein paar Wochen später saß ich nun unweit des Checkpoints Charlie in der Künstler-Agentur der DDR einem Dienstgrad Oberst gegenüber, der in dieser Schaltstelle kultureller Macht nunmehr zivilisiert bekleidet, als Direktor unter anderem für den Jazz verantwortlich, seinen Dienst mit der geradezu grotesken Bemerkung angetreten hatte: "Über meinen Schreibtisch kommen keine Amerikaner!"
Eine intellektuelle Glanzleistung. Noch in den Vorbesprechungen zum ersten Booker-Konzert wurde ein Freund aus alten Jazzclub-Zeiten von eben jenem teuren Genossen mit der peinlichen Frage konfrontiert: 'Muß et dem ausjerechnet n'Neja sein?" Spätsozialistischer Rassismus. Durchaus keine einmalige Entgleisung. So etwas gab es - auch im Sport Da wunden sich manche Menschen, was da so alles passiert Ich nicht An diesem Herbsttag 1977 aber übertraf der Mann sich selbst und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Es begann mit einer strafbaren Handlung: "Wenn Sie weiterhin de Absicht haben, sich illegal in die Kulturpolitik von Partei und Regierung einzumischen, sehe ich mich gezwungen, über den Minister für Kultur ihren Generaldirektor beim VEB Deutsche Schallplatten zu beauftragen, Sie von ihrer Dienststellung in diesem Hause zu entbinden." Austausch von Unfreundlichkeiten mit dem Hinweis verbunden, daß Nötigung - selbst in diesem Land - strafrechtliche Maßnahmen zur Folge hat.
Danach kam ein Vertrag zustande, der ein Konzert in der Moritzbastei, der Leipziger Karl-Marx-Universität, sowie ein zusätzliches Honorar für einen Konzertmitschnitt zu Veröffentlichungszwecken im Rundfunk und gegebenenfalls falls auf Schallplatten zum Inhalt hatte.
Leipzig, 29. Oktober 1977  Hotel Astoria
Während Booker auf seinem Zimmer schief. fuhr ich zur Universität. Hinter der verschlossenen Glastür ein Booker-Poster mit dem Hinweis auf das natürlich ausverkaufte, abendliche Konzert. Ales schien seine Richtigkeit zu haben. Die Suche nach dem Veranstaltungsort glich allerdings mehr Heinrich IV, Bußgang nach Canossa. Es goß in Strömen, während ich, vorbei an Mischmaschinen und Bauwagen, mich im Morast einer Großbaustelle wiederfand. Durch den Regen glaubte ich ein Klavier zu hören - Wassermusik? Dem Gehör folgend, stand ich vor einem halbfertigen Gebäude. Decken vor leeren Fensterhöhlen, Säcke statt Türen, Gartenstühle und rohe Holzbohlen als Sitzgelegenheiten. Die Moritzbastei gab es praktisch noch nicht, aber mit Begeisterung und Enthusiasmus hatten Studenten, zusammen mit den Vertretern des Jazzclubs Leipzig alles getan, um dieses Konzert Wirklichkeit werden zu lassen. Auf dem Zementsockel - der sicher irgendwann einmal eine Bühne werden sollte - ein Bechstein vom Feinsten, an dem sich ein Fachmann zu schaffen machte. Letzte Feinheiten.
Booker - hellblauer Bühnenanzug, schwarze Halbschuhe. Als er mich bat, ihn allein zu lassen, ahnte ich nichts Gutes. Nichts. James Bocker, am Boden kniend - betete.
Er war in blendender Spiellaune, in Topform und so akzeptierte er einen Bauwagen als Umkleideraum genauso, wie den Weg durch Schlamm und über Bauschutt hinweg zur Stage. Es wurde ein mehr als dreistündiges Konzert. Helle Begeisterung, Autogrammwünsche, Danksagungen und Händeschütteln - immer wieder. Alles sang mit, klatschte im Rhythmus, so gut es eben geht in Deutschland. Aber hier im Ostteil des Landes war eine Botschaft wie ein Funke übergesprungen: -Lets make a better world !-Ein paar Typen in den ersten Reihen konnten sich eine bessere Welt nicht vorstellen, waren eher deplaziert.
Booker philosophierte - sehr verdächtig, machte politische Bemerkungen -noch verdächtiger. Der Versuch, ihn zu stoppen, gelang erst nach dem Hinweis, daß die Tournee und die mögliche Produktion einer Schallplatte in Frage gestellt sein würden. Es folgt: James Bocker - der Komödiant.
Mit dem zweideutigen Humor aller Unterdrückten ausgestattet, drehte er den Kopf erst einmal weg vom Publikum, gab zu verstehen, daß er die Warnung verstanden hatte, wendete sich ruckartig - nun Blickrichtung Zuhörerraum vordere Reihen, grinste geradezu diabolisch - der Griff zum Mikrofon - und dann'knarrte er mit belegter Stimme hinein: "Peoples from the CIA !" *** Who is Who? Für uns und für die Studenten keine Frage. Beifall von spöttischem Gelächter überlagert. In jeder Hinsicht ein einmaliger, unvergeßlicher Abend. Booker spielte sich die Seele aus dem Leib, später sang er noch: "People get ready", mit dem Refrain "free at last" - improvisierte, komponierte spontan Titel, die er bestimmten Personen oder Ereignissen widmete, manchmal nur von Sekundenlänge, bevor er zum Abschluß stürmisch gefordert, mit allen gemeinsam noch einmal eine bessere Welt schaffen wollte. Seit diesem Abend ist mir bewußt, was mich an dieser Musik so fasziniert: "Es ist so viel Sehnsucht in ihr - nach Freiheit und nach Liebe !"
Beim VEB Deutsche Schallplatten, am Reichstagufer zu Berlin, wollte man einen schwarzen Weltverbesserer nicht. Die rote Amiga war für Jazzer nie eine gute Freundin gewesen. In den Redaktionszimmern spielte man Ahnungslosigkeit. "Booker - nie gehört, wer is'n das?" Kein Kriterium. In den Chefetagen hatte man bei der Übernahme einer international bekannten Jazz-Serie auch Dinah Washington nicht gekannt. Bei ihnen konnte das alles nicht so recht greifen - damals als die Partei immer recht hatte. Wie suspekt ihnen diese Musik tatsächlich war, dokumentierten sie ein Jahr später in einer sechsunddreißig Seiten im LP-Format, umfassenden Broschüre, in der es u.a. auf der Seite 12 heißt: "In den letzten Jahren kam bei Amiga auch der Jazz zu seinem Recht." Kam er das, meine Herren ? Ein einziger Satz zum Betriebsjubiläum nach einem Vierteljahrhundert!
Das kann man so stehenlassen. Kommentarlos. Es spricht für sich - einfach so.
Zwölf Jahre nach diesem Konzert ist das alles schon Geschichte. Aus - vorbei. Die Welt hat sich verändert. Besser geworden ist sie nicht. Auf dem Gebiet der früheren Sovietunion und auf dem Balkan bringen sich die Menschen gegenseitig um, rund um den Erdball werden Kriege vom Zaune gebrochen, an Elend und Hungerkatastrophen sterben Millionen - das ist die Wirklichkeit. Reality Blues !
Uns ist das alles erspart geblieben. Es ist schön, unkontrolliert im Berliner Spreebogen spazieren zu gehen, ohne die Gefahr, von Wachtürmen aus erschossen zu werden und eben das läßt uns hoffen.
Solange sich aber alte Seilschaften mit neuen Zynikern paaren und sich amüsieren auf Kosten derer, die hier ihr Leben ließen, solange besteht eine Mauer in den Köpfen der Menschen und auf dieser Mauer steht deutlich geschrieben, was James Booker damals am 29. Oktober 1977, als diese Aufnahmen von einem seiner großartigsten Konzerte entstanden, gefordert hatte: "Let's make a better world!"

Mehr Informationen
Artikelnummer(Nicht) Amiga - 001-91
ProduktnameJames C. Booker - Let´s Make a Better World
Preis149,00 €
LieferzeitIm Schallplattenladen Stralsund
InterpretJames C. Booker
Name - TitelLet´s Make a Better World
LabelAMIGA
MedientypLP / Vinyl 12"
Vinylgewicht pro Schallplatte140 gramm
Anzahl der Platten1
BeilagenKeine
Release-Datum1990 - 1977
Allgemeiner PlattenzustandGebraucht
Zustand TonträgerVery Good + (Sehr gut)
Zustand CoverVery Good + (Sehr gut)
PlattenreinigungReinigung mit Plattenwaschmaschine Double Matrix Professionel Sonic (Clearaudio)
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