Hermann Naehring & Percussion & Strings - Großstadtkinder

Hermann Naehring & Percussion & Strings - Großstadtkinder

Großstadtkinder
SEITE  1

SCHLAGZEILEN
KOMPOSITION  UND ARRANGEMENT:   HERMANN  NAEHRING

PHRYGIA
KOMPOSITION  UND ARRANGEMENT:  HERMANN  NAEHRING

RIMBANA  
KOMPOSITION  UND  ARRANGEMENT:  HERMANN  NAEHRING

GROSSSTADTKINDER
A)   ORANGENFLIP        
KOMPOSITION:  HERMANN  NAEHRING
ARRANGEMENT: JENS  NAUMILKAT

SEITE  2

B)   PINK-PUNK,   FROSCH   IST  KRANK        
KOMPOSITION:  HERMANN   NAEHRING
ARRANGEMENT:  DENS  NAUMILKAT

C)   CRASH
KOMPOSITION   UND  ARRANGEMENT:   HERMANN    NAEHRING

CLIFFORD      
KOMPOSITION   UND  ARRANGEMENT:   HERMANN   NAEHRING

SOUDA        
KOMPOSITION:  HERMANN   NAEHRlNG/ JANNIS SOTOS

ARRANGEMENT:  JÜRGEN  ECKE/HERMANN  NAEHRING
PERCUSSION   & STRINGS  

HERMANN  NAEHRING   -   PERCUSSION,  MARIMBAPHON, VIBRAPHON,   LEITUNG
DIETRICH   PETZOLD         -   VIOLINE
DENS  NAUMILKAT            -   CELLO
WOLFGANG  MUSICK     -   BASS        
DANNIS SOTOS                 -   GITARRE,   BOUZOUKI
ALS GÄSTE:
STEFAN  DOHANETZ        -   SCHLAGZEUG  (TITEL 1  UND  6)
VOLKER  SCHLOTT            -   FLÖTE   (TITEL  4A)
HENRY   OSTERLOH           -   PAUKEN   (TITEL  1)  
MUSIK-   UND   TONREGIE:   GERD   PUCHELT  
PRODUKTION:  KARL  HEINZ  OCASEK  (1985)  

HERMANN NAEHRING ist ein außerordentlich vielseitiger moderner Musiker, der ein weites Feld von Erfahrungen durchschritten hat, in Sinfonieorchestern spielte wie in Jazzformationen (mit Musikern wie Ernst-Ludwig Petrowsky, Klaus Koch, Hannes Zerbe, Hermann Keller und Manfred Schutze), der Musik komponierte und realisierte für Hörspiele, Filme und Theater-Aufführungen (z.B. für Produktionen des Pantomime-Ensembles des Deutschen Theaters), der als Partner des bekannten Puppenspielers Peter Waschinsky gefragt ist (Puppen-Jazz) wie als Begleiter von Chansonsängern und Liedermachern. Ständige „Grenzüberschreitungen" zwischen den Genres und innerhalb der Musik selbst zwischen den verschiedensten Stilrichtungen und Spielweisen, zwischen E (ernster) und U (Unterhaltungs-Musik}, zwischen Jazz und Folklore sind ein Merkmal seiner Arbeit als Komponist und Perkussionist.
Das Zentrum seiner praktischen Musikausübung ist das 1983 von ihm gegründete Ensemble „percussion & strings", dessen Besetzung - dem Namen folgend - aus Saiteninstrumenten besteht (Violine, Cello, Baß und Gitarre) und einer Anzahl von Schlaginstrumenten wie Marimbaphon und Vibraphon, Congas, Bongos, Gongs und einer Vielzahl weiterer Geräusch-und Klangerzeuger neben den Bestandteilen des klassischen Drum-Sets. Bestimmend für den Sound des Ensembles sind außerdem der Einsatz von exotischen (afrikanischen, indischen) Schlaginstrumenten sowie der Klang der von dem Griechen Jannis Sotos gespielten Bouzouki. Die Zusammenführung von Musikern, die teils aus der Jazz-Szene kommen, teils aus dem Bereich der „seriösen" zeitgenössischen Musik, erlaubt ein breites musikalisches Spektrum auszuschreiten, wobei .,percussion-& strings" sich weniger auf europäische oder amerikanische Jazztradition bezieht, sondern durch umfängliche Studien asiatischer und afrikanischer Musik deren Einflüsse und sensible Wirkungen in den Grenzbereichen zur europäischen E-Musik hörbar werden läßt. Das heißt, Hermann Naehring versucht mit diesem Ensemble eine Musik zu spielen, die der immer umfassender werdenden Kommunikation in der Welt gerecht wird und dabei doch der eigenen Tradition treu bleibt.
Wenn die Musik der vorliegenden Platte „Großstadtkinder" auch vor diesem konzeptionellen Hintergrund zu sehen ist, will sie doch weniger das Gruppenprofil von „percussion & strings" herausstellen als vielmehr dem Komponisten und Perkussionisten Hermann Naehring Gelegenheit geben, seine darüber hinaus gehenden Vorstellungen und Möglichkeiten (auch im solistischen Bereich) zu realisieren, wobei für einige Titel die Stammbesetzung von „percussion & strings" durch Gäste erweitert wurde, um die Flexibilität des Ausdrucks zu erhöhen. „Schlagzeilen" eröffnen den rhythmischen Reigen und stimmen (eben wie Schlagzeilen der Presse) auf das folgende musikalische Erlebnis ein; „Phrygia." kommt uns - mit Jannis Sotos' Bouzouki - griechisch einher, „Rimbana" mehr mit afrokubanischem touch; das dreiteilige Werk „Großstadtkinder" bezieht seinen Reiz aus einem bewußten musikalischen Eklektizismus aus filigraner Stilistik und Klangschwemme, geradezu nostalgischer Melodienseligkeit und straffer perkussiver Dynamik - Großstadt-Impressionen in ihren extremen Expressionen; „Clifford" ist - als Hommage auf den amerikanischen Jazztrompeter Clifford Brown - der wohl auch jazzigste Beitrag der Platte, während „Souja" gewissermaßen als eine Art musikalischer Synthese alles Voraufgegangenen den attraktiven Schlußpunkt setzt. In hergebrachte Kategorien und bequem handhabbare Schubkästen ist die Musik dieser Platte so wenig einzuordnen wie alle Musik, die Hermann Naehring in verschiedenstem Kontext schreibt und spielt; er läßt hier gucken, was möglich ist an perkussiv geprägter Klanglichkeit und betont dabei vor allem den kommunikativ-unterhaltenden Aspekt. Musik für relaxte Zuhörer.
Martin Linzer