Folk´s-Tanz-Haus

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Folk´s-Tanz-Haus

Schnelle Polonaise / Folkländers Bierfiedler

Gwen‘s Polka / Jams

Vogelsteller / Folkländers Bierfiedler

Rheinländer / Folkländers Bierfiedler

Kabberdoech-Polka / Jams

Erinnerung / Jams

Figaro / Jams

Blaue Flagge / Folkländers Bierfiedler

Herr Schmidt / Jams

Zigeunerpolka / Folkländers Bierfiedler

Mazurka Nr. 3 / Jams

Sternpolka / Folkländers Bierfiedler

Heißa Kathreinerle / Folkländers Bierfiedler & Jams

„Die Geschichte des Volkstanzes hatte zwei historische Momente: den, als der Tanz auf die Bühne kam und den zweiten, als er von der Bühne wieder auf den Tanzboden zurückkehrte." Der zweite von dem ungarischen Tanzforscher Sándor Csoori angesprochene Schritt wurde vor gut einem Jahrzehnt in Ungarn getan. Einige junge Leute, die gern tanzten und Musik machten, entdeckten damals ihre Volksmusik und begannen, sich mit ihr vertraut zu machen. Sie studierten die noch lebenden Traditionen ebenso gründlich wie die Bücher der berühmten Komponisten und Volksmusikforscher Bela Bartók und Zoltán Kodály. Und es gelang ihnen, die Volkstänze Ungarns in den überlieferten Formen so lebensvoll zu reproduzieren, daß sie damit vor allem die städtische Jugend in .Tanzhäusern" mit sensationellem Erfolg wieder zum Tanzen. Singen und Musizieren animierten.
Wer damals prophezeit hätte, daß sich ein ähnlicher Prozeß in unserem Lande vollziehen würde, wäre ausgelacht worden. Doch es geschah. Nur wenige Jahre, nachdem die ersten Musikfolkloregruppen wie Folkländer, Brummtopf, Wacholder, Liedehrlich, Landluper, Kantholz u. a. einer zunächst staunenden, bald auch begeistert mitsingenden Zuhörerschaft deutsche Volkslieder in neuem Gewände vorstellten, zogen die Tänzer 1981/82 nach. In Leipzig formierte sich „Kreuz und Square", in Berlin „Tanzhaus", Animatoren-Gruppen, die die Tänze vorführten und zum Tanzen verführen wollten. Trotz des Charmes ihrer Tanzmeisterinnen (siehe ihre Tanzbeschreibungen auf den Innenseiten) wäre ihnen aber ein solch großer Erfolg vermutlich kaum beschieden gewesen, wenn sie nicht in „Folkländers Bierfiedler" und „Jams" (der Name setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der Vornamen der Gründungsmitglieder zusammen) geradezu ideale Partner gefunden hätten. Auch sie wollten die Volksmusik von der Bühne wieder herunterholen und mit ihr selbst umgehen, wie mit etwas Alltäglichem, Vertrautem, zur eigenen Freude und der von Freunden.
Was heute beim „Folkstanz" passiert, läßt erstaunliche Analogien zu den Existenzformen, Wirkungsmechanismen und Praktiken der Volksmusik in der Vergangenheit erkennen. Die da vor allen in den Jugendclubs tanzen und Musik machen, bilden gut funktionierende Kommunikationsgemeinschaften, relativ kleine Kollektive, die wie in vergangenen Zeiten ihr Tanz- und Musikrepertoire als geistiges Eigentum betrachten, es entsprechend gebrauchen und kollektiv bestimmen und prägen. Die animierenden Tänzer und Musiker sind in diese Gemeinschaften fest eingebunden. Ihr Angebot wird stets vom ganzen Kollektiv geprüft, auch verändert und bedarf in jedem Falle seiner vollen Anerkennung, wenn es im Repertoire Aufnahme finden will. Nur Darbietung und als dessen Folge zumeist passives Rezipieren gibt es hier nicht. Aktive Teilnahme ist gefordert: Nach- und Mitmachen bis Kopf und Beine Tänze und Musik gelernt haben und Selbermachen zur reinen Freude wird. Mündliche Tradierung und gedächtnismäßige Existenz — wesentliche Kriterien für die Volksmusik der Vergangenheit — wurden überraschend für die heutige Praxis wieder wirksam.
Auffallend schließlich der Traditionszusammenhang, in dem die Musiker, ihre Spielpraxis und Repertoiregewinnung zu sehen sind. Es waren vor allem semiprofessionelle Musikanten, die früher für die instrumentale Volksmusik — und das war zu 90% Tanzmusik — verantwortlich zeichneten. Sie sorgten als Spezialisten für ihre getreue Bewahrung einerseits und bereicherten sie andererseits ständig durch Innovationen. Auch bei den Bierfiedlern und den James-Leuten handelt es sich um halbberufliche Musiker. Die von ihnen erlernten und überwiegend noch ausgeübten Berufe sind z. B. Schlosser, Psychologe, Fischer, Geigenbauer, Drucksetzer, Ingenieur, Graphiker, Bühnentechniker, Kellner. Redakteur. Als vielseitige Instrumentalisten. die der Tradition folgend jeweils mehrere Musikinstrumente beherrschen, spielen sie Geige, Bratsche, Cello, Kontrabaß, Gitarre, Baßgitarre, Mandoline, Mandola, Drehleier, Maultrommel, Blockflöte, Whistle, Klarinette, Dudelsack, Knopfharmonika, Akkordeon, Bandoneon, Löffel, Teufelsgeige, Ratsche, Schellentrommel, Schlagzeug und sogar Pauken. Volksmusikinstrumente im engeren Sinne wie Dudelsack und Drehleier, die nicht zu kaufen waren, wurden von ihnen sogar nach geduldigem Studium und zeitaufwendigen Versuchen selbst hergestellt. In jeder Gruppe — und dies ist eine schöne Neuerung — sind Frauen dabei, die äußerst gekonnt geigen, hackbretteln, flöten und das Bandoneon traktieren.
Für die Ensemblebildung, das Zusammenspiel und die Spielpraxis der einzelnen Instrumente konnten die Musikanten sich nicht wie die Ungarn an eigenen deutschen Traditionen orientieren. Sie sahen sich daher auf internationalen Festivals um, hörten Schallplatten und lernten von irischen und schottischen Gruppen, von böhmischen und belgischen Dudelsackspielern, von schwedischen Geigern und französischen Drehleierspezialisten.
Heterogen wie ihre instrumentalen Lehrmeister ist auch die Herkunft des Spielrepertoires. Zwar zeigt sich bei den Bierfiedlern eine Neigung zum Thüringischen (Vogelsteller) und bei Jams zum Mecklenburgischen (Figaro). Ansonsten machen sie es wie die Spielleute in alten Zeiten: man nimmt, was einem zu Ohren kommt und gefällt und fragt nicht lange nach dem Woher. Notfalls komponiert man auch eine eigene Melodie. Wichtig allein ist, ob man auf Grund der Vorlage gute Musik machen kann und diese von den Tänzern akzeptiert wird. Wie man zusammenspielt, wird experimentell im Kollektiv erprobt, führt aber selten zu Festschreibungen in Partituren, in der Regel nur zu mündlichen Absprachen, die bei den Aufführungen selbst oft bereits wieder vergessen
sind und durch neue Einfälle ersetzt werden. Variabilität ist oberstes Gebot. Jede Wiederholung der einfachen, in der Regel nur 8taktigen Tanzmelodien, klingt anders, wird variiert in der Instrumentenbesetzung, durch wechselnde Harmonik und vielfältige melodische Gestaltung, die von den Tänzern aufgegriffen werden können. Alles erscheint wie improvisiert mit lockerer Hand und ansteckender Freude am Spiel. Das Ergebnis ist eine Musik mit eigenem Stil und besonderem Sound. Bei Jams wird der Instrumentalklang geprägt durch den Dudelsack, auch durch Geige, Bandoneon und das virtuose Spiel mit den Löffeln, bei den Bierfiedlern gefärbt durch Mandoline, Drehleier und Hackbrett, auch durch Blockflöte und Klarinette.
Eine neue Qualität in der Volkstanzmusik wurde erreicht. Sie basiert auf der für ihre Macher selbstverständlichen Kollektivität, die dennoch Freiräume für individuelle Variabilität bietet. Die dialektischen Beziehungen zwischen beiden Faktoren haben die Geschichte der Volksmusik bestimmt. Sie erwiesen sich auch für unsere Gegenwart als fruchtbar.
Erich Stockmann

Mehr Informationen
ArtikelnummerAmiga 8 45 289
ProduktnameFolk´s-Tanz-Haus
Preis9,90 €
LieferzeitIm Schallplattenladen Stralsund
InterpretVarious Artists
Name - TitelFolk´s-Tanz-Haus
LabelAMIGA
MedientypLP / Vinyl 12"
Vinylgewicht pro Schallplatte140 gramm
Anzahl der Platten1
BeilagenKeine
Allgemeiner PlattenzustandGebraucht
Zustand TonträgerVery Good + (Sehr gut)
Zustand CoverVery Good + (Sehr gut)
PlattenreinigungReinigung mit Plattenwaschmaschine Double Matrix Professionel Sonic (Clearaudio)
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