Erika Pluhar

Erika Pluhar

Trotzdem

Wenn Ich Mir Was Wünschen Dürfte

Hotel Zur Einsamkeit

Es War Einmal

Melancholie

So Oder So Ist Das Leben

Das Hab´ Ich Aber Fein Gemacht

Veni Vidi Vici

Frau, Lauf Weg

I Ziag´ Vor Unsrer Lieb Den Hut

Das Glück is a Vogerl

Menschen San Ma Alle

Allein in Einer Großen Stadt

Allez Hopp

Erika Pluhar ist unverkennbar eine Wienerin, vor allem eine Frau, vorrangig Künstlerin, in erster Linie eine sich deutlich humanistisch engagierende Person. Es bleibt Reihenfolge, beliebige Aufzählung, gerät mir nicht zur Rangordnung. Sie ist eine WIENERIN: Der berühmte „Wiener Stachel" treibt auch sie um, läßt sie manchmal ungelassen sein, das Leben schwer angehn und nehmen. Auf eine kultivierte Art grantelt euch sie, hängt leicht den schwarzen Gedanken nach, bleibt sie eine Mißtrauische. die gerade deshalb zu besonderer Arglosigkeit neigt Außerdem ist Sie eine grundmoderne Person, gleichwohl gelegentlich von bittersüßem Wien umspielt Das kann nach der einen oder der andern Seite umschlagen, ihr schlägts allmählich angemessen zu Buche Sie ist eine FRAU mit den ihrer Generation zustehenden doppelten und dreifachen Belastungen Das kranke Kind, die falsche Liebe, die dann doch langjährige Liebesfreundschaft und berufliche Solidarität im Gefolge hat. noch eine Trennung, noch eine neue Existenzangst, noch mehr schlechtes Gewissen. Was da an Gefühlen und. zögernd, Erkenntnissen, bewältigt werden mußte. hat sich ausgewirkt auf den Teil, der uns als Publikum interessiert Die Pluhar als Schauspielerin. Sängerin, sich artikulierender Mensch, Wer so viel hat soll mehr geben, sie schreibt 1980 auf:,   .. Verwirrt hat mich H.s Haltung mir gegenüber, als zu einer absolut politischen Person, auch im aktuellen und direkten Sinn'. Ich fühle nach dafür noch nicht gewappnet genug. mein Wissen, meine Informationen sind Zu gering, viel zu sehr hantiere ich mit Emotion und Intuition, bin nicht ausgerüstet zur klaren Argumamation   . aber nur Mut. Pluhar, nur .den streitbaren. Mut nicht verlieren', was solls   "Der streitbare Mut ist ihr anzumerken. als Kunstfigur nach Maupassant ebenso wie als Teilnehmerin einer zum Frieden und zur Abrüstung aufrufenden Kundgebung, wo sie sich neben andere stellt auch hinter andere. Wo sie Lieder vorträgt die vielleicht nicht so kunstvoll gedichtet sind, wie'es ihre Autoren können, die aber doch eine neue Qualität einbringen, nämlich die unverstellte Aussage dessen, was sie bewegt Nicht nur, was sie fühlt.
Wenn das andere, das Persönliche, überhaupt berechtigt erwähnt werden soll, dann deshalb, weil es zu den Quellen ihrer Persönlichkeit führt Eine andere Stelle aus ihrem Tagebuch: .Las gestern in dem Buch, das ich geschrieben hatte vor etwa 19 Jahren... Wenn ich bedenke, welche Kraft welches Wissen, welche Begabung zum Schreiben und Denken ich damals hatte — und wie ich mir dennoch von Männern über Kraft Wissen. Begabung, Schreiben. Denken erzählen ließ, ich, die bereits viel weiter gewesen war, mich einfach wegsteckte, auslöschte, vergaß, und das über Jahre hinweg .."
Was sie da sagt ist gewiß wahr. Wenn eine Frau so etwas entdeckt dann staunt sie naiv, ist nicht überheblich. Aber es ist natürlich doch nur die halbe Wahrheit Der Verlust hat so gesehen, nicht stattgefunden, der Aufwand sich umgemünzt in Zugewinn an Erfahrung, an künstlerischer Disziplin und Sensibilität
Zeitweise hielt sie sich für häßlich wie die meisten wirklich schönen Personen. Faszinierend, daß sie eine fast irrationale Angst vor umfassender menschlicher Häßlichkeit daraus bewahrt hat
Die Pluhar setzt ihre künstlerischen Mittel bewußt und mit Geschmack cm. Bewußt meint: intuitiv und wissend Man hat bei ihr nie das Gefühl, sie verausgabe sich, strenge sich übermäßig an, schwappe
gleich über. Sie gibt Beispiele, sie erzählt. Dabei tut sie nicht als geschähe ihr so in eben diesem Moment Sie erzählt immer über eine Person, der geschehen ist Als Künstlerin wird sie selbst als Nebenfigur Mittelpunkt Wenn sie an der Seite steht ist dort eben der Punkt auf den es ankommt Ich habe sie auf der Bühne des Berliner Ensembles gesehen, auf der Bühne kommt noch etwas dazu, das die Medien nicht genau wiedergeben können. Ein Etwas. Fluidum. ein Sog. dem man sich nicht entziehen möchte. Es macht einen selber nicht dümmer, den Versuch zu unterlassen. Die Pluhar kann gehen, von da nach dort und aus sich heraus, sie hat ein Gesicht Unverwechselbarkeit Sprache. Kultur, sie hat Tiefe. Ihre andere Stärke ist daß sie einen als Interpretin ihrer Lieder zwingt ihr zu glauben. Ich weiß nicht ob man sie als Sängerin bezeichnen kann. Dazu kann sie nicht genügend singen, dazu ist sie aber auch nicht statisch genug. Sie ist eine singende Schauspielerin. Es hat seinen Sina daß sie anfängt für sich selber Lieder zu schreiben. Die von Männern für sie verfaßten zeigen sie vor allem als liebende, wartende, trauernde, bittere, sehnsüchtige Frau. Aber sie ist doch auch jemand, der als denkendes Wesen an Aktionen beteiligt ist Eine, die sich mit anderen Frauen solidarisiert gegen unwürdige Darstellung des eigenen Geschlechtes durch die Boulevardpresse, gegen den § 218. eine die Einfluß auf ihre Rollen nimmt — wie auf ihren Lebensweg. Wie sie sich ganz einbringt und zugleich nüchtern beobachtet — ist das wienerisch? Ist das, weil sie Künstlerin ist von ausgeprägter und erfahrener Begabung für die Darstellung, auch für das Aufschreiben? Es muß die Synthese sein. Eine Frau, eben in die Mitte ihres Lebens gelangt mit oft bestätigter Schönheit und ausgewiesenem Erfolg, die den längsten Weg einschlägt indem sie sich als vernunftbegabtes Wesen in die Geschicke der Welt einmischen lernt Das sprengt Vorurteile, auch wenn die inzwischen angenagt scheinen. Vermutlich hat sie eine Vorstellung davon, wie sie sein und leben möchte. Die wird allmählich sichtbar. Daneben gibt es Zweifel. Skepsis und einen Teil Rigorosität auch da ist sie nicht sparsam. Notwendiges zur Person: Sie hat am Max-Reinhardt-Seminar in Wien studiert und ist seit 1959 Mitglied des Burgtheaters. Die Lieder auf dieser Platte sind eine Auswahl aus dem Repertoire, das sie auf mehreren Langspielplatten veröffentlicht hat
Gisela Steineckert (1983)