Eberhard Büchner, Günther Fischer & seine Band - Seitensprung

Eberhard Büchner, Günther Fischer & seine Band - Seitensprung

Eberhard Büchner - Seitensprung

Seite 1
Feelings
(Albert/Greenslade)

Guantanamera
(Traditional/Marti)

Maria
(Bernstein/Sondheim)

Greensleeves
(Traditional)

Solitaire
(Sedaka/Cody)

Seite 2
Ol' Man River
(Kern/Hammerstein II)

Yesterday
(Lennon/McCartney)

The House Of The Rising Sun
(Traditional)

Ti Amo
(Bigazzi/Tozzi)

Mandy
(English/Kerr)

Eberhard Büchner, Tenor
Arrangements und Leitung: Günther Fischer
Günther Fischer-Band:
Günther Fischer (fl, as, ts, keyb)
Hans-Joachim Graswurm (flh, tp)
Axel Donner (keyb)
Fred Baumert (el-g, ac-g)
Stephan Weiser (fretless-bg, el-b)
Wolfgang Schneider (dr, perc)

Bläsergruppe, Leitung: Bernd Swoboda
Streichergruppe Otto Karl Beck
Ernst Barnetz-Chor

Durchaus möglich, daß diese Schallplatte, bevor überhaupt ihr Klang wahrgenommen wird, Verblüffung hervorruft. Die allerdings setzt maßvolle Kenntnis der gesamten Musik-Szene unseres Landes voraus, denn die zwei wichtigsten Akteure dieser Platte sind ja nicht „branchenverbunden", sondern dienen konträren musikalischen Verrichtungen. Eberhard Büchner, renommiertes Mitglied des Solisten-Ensembles der Deutschen Staatsoper Berlin, ist ein lyrischer Tenor von so großer Befähigung, daß man, um die strapaziöse Aufzählung seiner Auftrittsorte zu vermeiden, sich doch lieber in den lapidaren, aber wahrheitsgetreuen Satz rettet: Er gastierte als Bühnen- und Konzertsänger in allen bedeutenden Musikzentren des In- und Auslandes. Und was ich außer seinem Timbre, seiner technischen Brillanz, dem sängerischen Wohllaut, der musikalisch-stilistischen Wandlungsfähigkeit zudem bewundere, ist die darstellerische Intelligenz und Präzision. Alles zusammen ergibt sehr wohl einen unverwechselbaren „Büchner-Sound', den vornehmlich nur die Bewunderer seiner Opern-, Oratorien- und Liedkunst kennen - was sich vielleicht mit Erscheinen dieser Schallplatte etwas ändern könnte. Woran denn auch Günther Fischer seinen beträchtlichen Anteil hätte. Diese unerschöpflich kreative Erscheinung auf dem Gebiete... Man vollende am besten den Satz nicht, denn in welches Fach sollte man diesen universellen, originellen und sensiblen Komponisten und Instrumentalisten „stecken"? Es geht nicht Günther Fischer hat Bleibendes im Bereich des modernen zeitgenössischen Jazz, der jazzigen Chanson-Ballade, der Film- und Bühnenmusik geschaffen, eine Oper für die Dresdner Staatsoper entsteht gerade, das seit vielen Jahren blendend aufeinander eingespielte Günther Fischer-Sextett, bestückt mit erstklassigen Musikern, hat der Jazz-Rock-Szene wesentliche Impulse gegeben. Die Begabungstiefe Fischers verhinderte bislang stets, daß die Ergebnisse der vielfältigen künstlerischen Aufgaben flach ausfielen. Immer findet man Eigenart, einen .Fischer-Sound", der dennoch die Ausdrucks-Differenziertheit des umfänglichen musikalischen Pensums nicht gefährdet. Dies zu erwähnen, scheint mir wichtig. Hier nun mischt sich zwangsläufig die Frage ein, wie Büchner und Fischer zueinander gekommen sind, um Internationale Hits zu produzieren - und zwar so, daß sich die wesenseigne Spezifik und Ausdrucksqualität beider Künstler vereint zu einer, sagen wir's schlicht interessanten Interpretationsweise und Klanglichkeit? Wie zumeist, so stellt sich der Ausgangspunkt der Unternehmung viel unkomplizierter als vermutet dar. Nämlich, in der erfolgreichen Revue des Palastes der Republik .Spaß am Spaß" interpretierte der Opernsänger Eberhard Büchner einige Internationale Songs im Klanggewand des Günther Fischer. AMIGA griff die Idee auf, hier nun präsentiert sich das Resultat. Zu sagen ist zu allem wenigstens noch soviel: Die Schwierigkeit des Unternehmens, die zwar durch Bereitschaft und Spontaneität der .Hauptmacher" zu reduzieren, nicht aber gänzlich zu unterdrücken war, lag in folgendem. Der Interpret Büchner mußte wie der Arrangeur Fischer gleichsam die Mitte finden - weder sich,
noch die Titel preisgeben. Es wäre ja töricht gewesen, und am Sinn der Aufgabe vorbeizielend, hätte man Büchner um totale stimmliche Unterordnung und Anpassung ersucht. Dann hätte man sich auch eines x-beliebigen Sängers der Unterhaltungskunst bedienen können. Eberhard Büchner sollte - und wollte - seine hohe Gesangskunst in diesen Liedern vorteilhaft zur Geltung bringen und zugleich das musikalisch Charakteristische dieser Vokal-Stücke, die einem in Millionen zählenden Hörer-Publikum bekannt sind, nicht nur erhalten, sondern auf eine andere Ausdruckshöhe führen. Eine ungemein reizvolle Aufgabe sowohl für den Sänger als auch für den Arrangeur, dieses Wollen in eine exquisite, organische Klangwirkung münden zu lassen.
Zu bemerken ist außerdem noch, daß das Feeling, das der Opernsänger Eberhard Büchner für diese Musik beweist, keineswegs erst im Moment dieser speziellen Aufgabe geboren wurde (das hindert nicht an der Feststellung: ein hochmusikalischer Mensch vermag eben spezifisches Gespür für sehr viele und kontrastierende Ausdrucksweisen zu entwickeln): Nur wenige wissen vielleicht, daß Eberhard Büchner über erstaunliche pianistische Qualitäten verfügt (Hochschul-Examen), ein begabter Klavier-Entertainer mit improvisatorischen Gaben ist und dabei Instinkt für harmonische Farbigkeit und für rhythmischen Drive dokumentiert Für mich war es durchaus ein Erlebnis, Eberhard Büchner, Günther Fischer und Siegbert Schneider (Tonregisseur) während der Studio-Arbeit zu beobachten. Knochenarbeit dies, kann ich nur sagen, ständige Hochkonzentration verlangend. Begeisternd geradezu, mit welcher Kondition (Stimmtechnik machts möglich), Lust, Lockerheit, Spannkraft und selbstkritischen Haltung Büchner um eben jene Balance zwischen dem Eigenen und dem Anderen rang. Die Aufgabe wurde ernst genommen. Und ich meine schon, daß sie sich für einen gestandenen Sänger zu singen lohnen, die „Maria", „Feelings", „Yesterday", „Mandy". .01' Man River", „Guantanamera" usw. Oft gehört diese Hits, in unzähligen vokalen und orchestralen Varianten. Und hier nun wiederum eine neue - eine, die auffallen dürfte. Es ist doch ganz sinnreich - dies nur als abschließende Feststellung -, hin und wieder wenigstens die Gartenzäune zwischen den „Sparten" auszuheben.
Wolfgang Lange
Musik- und Tonregie: Siegbert Schneider Produktion: Jürgen Lahrtz (1984)