Doris Day

Doris Day

Everybody Loves a Lover

It´s Magic

A Guy is a Guy

Secret Love

Teacher´s Post

Bewitched

Que Sera Sera

If I Give My Heart to You

Please Don´t Eat the Daisies

When I Fall in Love

Pillow Talk

Love Me or Leave Me

Singende Schauspielerinnen sind uns spätestens seit dem Beginn des Tonfilmes bekannt. Auch Bert Brecht forderte für seine Bühnenstücke singende Schauspieler, besser: Song-Vokalisten. Marlene Dietrich als Schlager-Chansonette, Lotte Lenya und Gisela May als Song-Interpretinnen vertreten gegensätzliche Welten. Gibt es noch Gemeinsames? In den Anfängen des Jazz trat die Frau als Vokalistin maßgeblich in Erscheinung: Bessie Smith, Mahalia Jackson, Ella Fitzgerald, Billie Holiday und Jeanne Lee charakterisieren die Entwicklung dieser Musik. Die Reihe glanzvoller Frauennamen wird bereichert durch die Folkloresängerin Joan Baez, die Soulvokalistin Janis Joplin und die Allround-Sängerin Barbra Streisand. Eine imponierende Fülle gegensätzlicher Persönlichkeiten! Seit einem halben Jahrhundert sind die Grenzen zwischen den einzelnen Vokalgenres fließend geworden: Tonfilmlieder wurden zu Schlagern, aber auch Spirituals, Blues und Bigbandtitel erreichten die Spitze der „Hit"-Paraden. Ein Schlager kann jazzig oder rockig gesungen werden. Ob Folkrock, Soul oder Schlager, ohne das Feeling für eine swingende Interpretation ist dieser Komplex der Unterhaltungskunst nicht denkbar. Das gilt auch für die Solistin dieser Langspielplatte.


In den einschlägigen Fachlexika wird Doris Day vorgestellt als amerikanische Sängerin und Schauspielerin deutscher Herkunft: Doris Kappelhof wurde am 3. April 1924 in Cincinnati/Ohio geboren und wuchs in einem von Musik erfüllten Elternhaus auf. Der Vater wirkte als Organist und Musiklehrer. Nach der Trennung ihrer Eltern hatte Doris schwere Jahre zu durchstehen. Die erfolgversprechende Ausbildung als Tänzerin mußte nach einem Autounfall abgebrochen werden. Länger als ein Jahr wurde die erst Vierzehnjährige ans Krankenlager gefesselt. Aber Doris gab nicht auf. Trotz der durch die Krankheit bedingten körperlich-nervlichen Belastungen ließ sie sich als Sängerin ausbilden, begann als Schlagerinterpretin erste Erfahrungen zu sammeln und fand bei ihren Hörern steigenden Widerhall. Verpflichtungen für den Rundfunk schlossen sich an. Dort wurde sie vorerst von Tanzorchestern begleitet Als Doris schließlich Gelegenheit erhielt, mit den populären Bands von Bob Crosby. Les Brown und Harry James gemeinsam aufzutreten, ergaben sich vielfaltige Möglichkeiten zu einem jazzbetonten Singen: .Sentimental Journey" wurde 1946 der erste Erfolgstitel für die junge Sängerin, die sich nach dem Rundfunk-„Hit" „Day After Day" fortan Doris Day nannte. Danach begann eine steil nach oben führende Karriere. Bald gehörte Doris Day nicht nur als Sängerin, sondern auch als Schauspielerin zur internationalen Spitze.
Von Michael Curtiz wurde Doris Day für Hollywood entdeckt, aber erst unter Alfred Hitchcocks Regie erreichte sie 1950 in „The Man Who Knew Too Much" (Der Mann, der zuviel wußte) ihren künstlerischen Durchbruch als Schauspielerin. In mehr als dreißig Filmen hat sie seit 1948 mitgewirkt. Viele dieser Filme wurden nach ihren Erfolgstiteln benannt, u. a. „Tea ForTwo" (1950), „April In Paris" (1952), „Love Me Or Leave Me" (1955), „Teacher's Pet" (1957) und „Pillow Talk" (1959). In diesem Film, bei uns bekannt unter dem Titel „Bettgeflüster", spielte Doris Day erstmals zusammen mit ihrem langjährigen Partner Rock Hudson (Roy Fitzgerald). Das Singen von Doris Day vereint vielerlei Anregungen und Inspirationen unterschiedlicher Vokalgenres. Ihre Stimme besitzt Volumen, wird aber schlank und geschmeidig eingesetzt. Doris Day singt nicht stimmverfremdet, sondern natürlich. Sie führt ihre Stimme instrumental und umgeht eine distanzierende Objektivität genauso wie eine soulhaft eruptive Expressivität. Frauliches Empfinden, Herzlichkeit, Anmut, Charme und Eros verbinden sich zu einer menschlichen Ausstrahlung, der man sich schwerlich entziehen kann. Der Gesang Doris Days wird geprägt durch gesunde Musikalität: Sie atmet richtig, weil sie den Rhythmus der Sprache mit dem Metrum der Musik zu vereinen weiß. Und sie besitzt den untrüglichen Sinn für die Differenz zwischen gelebter und gemessener Zeit, die eine swingende Interpretation garantiert. Ihre Phrasierung läßt erkennen, daß sie mit hervorragenden Jazzbands zusammengearbeitet hat. Es ist zu spüren, wie sehr sich Doris Day mit verpflichtenden Vorbildern auseinandergesetzt hat, doch vermeidet sie klug jegliches Kopieren. Es muß bedauert werden, daß es ihr verwehrt blieb, einen unverkennbar eigengeprägten Stil zu erreichen. Auch gesangliche Improvisationen wird man in ihren Interpretationen vergeblich suchen. Die zwölf Lieder dieser Aufnahme werden von Doris Day dynamisch schattiert gesungen. In der Verhaltenheit des Ausdrucks überzeugt sie genauso wie in musikantisch bewegten, rhythmisch betonten Titeln. Sie versteht es, weite Melodiebögen zu gestalten und mit Spannung zu erfüllen. „Bewitched" singt sie kindhaft einfach, ohne Gefühlspose, ganz als Liebeslied. Immer gewinnt man bei dieser Künstlerin den Eindruck, daß sie ihren Hörern etwas ganz Persönliches mitteilen möchte. So klingt beispielsweise „Secret Love", als habe sie das alles selbst erlebt
Doris Day hat es verstanden, Schlager-, Musical- und Bigbandtitel durch jazzgeprägte Nachgestaltungen künstlerisch zu überhöhen. Die hier vereinten Titel sind durchweg Evergreens geworden. Ihre Wiedergabe durch Doris Day und ihr vortreffliches Begleitorchester vermitteln auch heute noch echte Maßstäbe für künstlerisch hochwertige Interpretationen der Unterhaltungskunst.
Gottfried Schmiedel (1982)