Die lustige Witwe - Querschnitt

Die lustige Witwe - Querschnitt

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       Die Lustige Witwe (Querschnitt)
Operette in drei Akten (nach dem Lustspiel „L'attache d'ambassade" von Henry Meilhac) von Victor Leon und Leo Stein, Musik: Franz Lehár

SEITE 1
Introduktion / Verehrteste Damen und Herren
Cascada, Chor, Baron Zeta

So kommen Sie! / Ich bin eine anständ'ge Frau
Duett Valencienne, Camille

Bitte, meine Herrn! Gar oft hab ich's gehört
Entree-Lied Hanna, Cascada, St. Brioche, Chor

O Vaterland / Da geh' ich zu Maxim
Auftrittslied des Danilo

„Damenwahl!" Hört man rufen rings im Saal!
Finale I
Chor, Hanna, Danilo, Cascada, St. Brioche

O kommet doch / Wie die Blumen im Lenze erblühn /
Der letzte ging, Sie sind befreit

Ballsirenenwalzer
Danilo, Chor, Hanna, St. Brioche, Cascada

Es lebt' eine Vilja, ein Waldmägdelein
Vilja-Lied
Hanna, Chor

SEITE 2
Heia, Mädel, aufgeschaut / Dummer, dummer Reitersmann
Duett Hanna, Danilo

Wie eine Rosenknospe im Maienlicht erblüht / Sieh dort den kleinen Pavillon
Romanze des Camille und Duett Camille, Valencienne

Zu der Vermählung, schöne Frau / Es waren zwei Königskinder
Szene Danilo, Hanna

Ritantouri tantirette/."Ja, so sind wir, die Grisetten
Grisettenlied. Galopp
Chor, Valencinne

Lippen schweigen
Duett Danilo, Hanna

Ja, das Studium der Weiber ist schwer
Schlußgesang
Hanna, Danilo, Chor, Baron Zeta


DIE PERSONEN:
Baron Mirko Zeta, pontevedrinischer Gesandter in Paris - Siegfried Vogel, Baß
Valencienne, seine Frau - Ingeborg Wenglor, Sopran
Graf Danilo Danilowitsch, Gesandtschaftssekretär - Wolfgang Hellmich, Bariton
Hanna Glawari - Jutta Vulpius, Sopran
Camille de Rossillon - Martin Ritzmann, Tenor
Vicomte Cascada - Harald Neukirch, Tenor
Raoul de St. Brioche - Eberhard Büchner, Tenor

Rundfunkchor Leipzig
Choreinstudierung: Horst Neumann
Dresdner Philharmonie
Dirigent: Rudolf Neuhaus
Musikregie: Eberhard Geiler
Tonregie: Eberhard Richter


An Franz Lehár, so scheint es, scheiden sich die Geister; seine Operetten haben aufrichtige Freunde — und nicht minder aufrichtige Gegner; leidenschaftliche Verehrer und leidenschaftliche Kritiker. Wer sich gedrängt sieht, sich mit wenigen Zeilen über das Werk des Spätwiener Operettenkönigs zu äußern, empfindet die Schwierigkeit, in jenem Spannungsfeld der Extreme zwischen Gloriole und Verdammung recht zu pointieren. Das Einschmeichelnde Lehárscher Melodie-Einfälle und die zahllosen Mitteilungen vom gütigen Erfreuer der Menschheit und „Schön ist die Welt"-Besinger scheinen kritische Einschätzungen und Stellungnahmen von vornherein einer Berechtigung zu entheben. Was sollen Ressentiments, so mag man sich fragen, angesichts eines CEuvres, dessen Perlen nun schon mehr als ein halbes Jahrhundert lang Millionen von Menschen in den Ohren haften und auf den Zungen liegen? Indes: Wir sind es mittlerweile gewohnt, auch Perlen nüchtern und ohne ein von Faszination diktiertes Vorurteil zu besehen. Verleugnen wir also auch nicht bei Franz Lehár unsere Prinzipien, die gerade hier darauf zielen, der Freude an der Musik differenzierende Aufmerksamkeit zu erhalten.
Das stürmische Anwachsen Wiens zur Millionenstadt, das Vorwärtsdrängen der imperialistischen Entwicklung und die Ohnmacht der Monarchie, dem zerbröckelnden k.u.k.-Reich auch nur den Anschein des Noch-Gesunden zu verleihen, prägten das Gesicht der Jahre um die Jahrhundertwende. Kleinbürgerliche Beschaulichkeit wendete sich ins Großbürgerliche-Kosmopolitische, erste organisierte Aktionen der Arbeiterschaft ließen die Klassengegensätze in bisher ungekannter Deutlichkeit zutage treten. Biedermeierliches Singspiel-Flair und Walzerrausch wurden einstweilen von den Komponisten zu den Akten gelegt, auch wenn sich noch immer viele aufmachten, diese heiligen Güter des „g'mütvollen Weaners" wenigstens in den Anachronismus zu retten. Doch stand solchem Bemühen nicht zuletzt die Tatsache entgegen, daß der Wiener von nun nicht mehr der Weaner von einst war: Durch die Straßen der Haupstadt flutete das Sprachengewirr derer, die zur Teilnahme am scheinbaren Weltstadt-Aufstieg herbeigeeilt waren. In jenen Jahren verlor auf der Unterhaltungs-Musikbühne die nationale österreichische Intonation ihre Autorität, die noch zur Zeit Johann Strauß-Sohns kaum angetastet war. Nun kamen reizvolle Balkanklänge in Mode — des Reizvollen, des Kolorits wegen, nicht um wirklichkeitsnahe Bilder der Völker, die sie hervorgebracht haben, zu projizieren. Die rapid zunehmende Wirtschafts- und Finanzaktivität bedurfte des Gefühls, eine Stimme im internationalen Chor zu singen, und sei sie noch so zart: Das Unterhaltungsbedürfnis der Bourgeoisie aller Länder und der dabei entwickelte Geschmack strebte über Nationalitätengrenzen hinaus. Dennoch war die Operettenhochburg an der schönen „blauen" Donau noch immer das ideale Pflaster, auf dem das Genre, den erstrebten Erfolg in den Vergnügungsetablissements der europäischen Kapital-Stützpunkte vor Augen, sogar den Ansprüchen und Vorstellungen des nachsteigenden Wiener Bürgertums davoneilte. Zentrale Persönlichkeit dieses Prozesses wurde der wendige, anpassungsfähige und musikalisch begabte und »auch gebildete Franz Lehár (1870-1948). Im Ungarischen geboren, lagen ihm Temperament und Schwermut der Balkan-Musik geradezu im Blut; die europäische Musikentwicklung und das spezifisch österreichische waren ihm durch Ausbildung und jahrelangen Militärkapellmeisterdienst vertraut. Am Anfang seiner kompositorischen Tätigkeit standen hochfiiegende Pläne: Nicht die Operettenbühnen, sondern die Opernhäuser wollte er erobern. Doch spürte er sehr bald nach der Leipziger Uraufführung des „Kukuschka" (1896), daß eine Karriere, die auf finanzielle Sicherheit zielte, auf solche Weise nicht Zustandekommen würde. So blieb er doch bei der Operette - ohne sich freilich das stille Sehnen nach der ernsthaften Operngebärde restlos aus dem Herzen zu reißen. In der Reihe der ersten lokalen Erfolge ("Der Rastelbinder" 1902, „Der Göttergatte" 1904, „Die Juxheirat" 1904) zeigte sich das Suchen nach der eigenen Handschrift, das Experimentieren mit Singspielhaftem, der Volksmusik Aufgeschlossenem, dann mit einem Bück auf Offenbach, der jedoch zum Sajonhaft-Unverbindlichen geriet, schließlich mit der Posse. Schon in dieser Trias klingt, leise zunächst, einiges an, was sich bereits im folgenden Jahr zu einer Kreation von erstaunlich neuem Habitus verdichtet offerierte: jene in der Folgezeit bis zur Unerträglichkeit forcierte Süße der Melodik, die sich unverholen zur Sentimentalität bekennt; die Beanspruchung volksmusikalischer Elemente vor allem ungarischer Herkunft durch den Filter städtischer Salonmusik zum Zwecke rhythmischer Brisanz und sehnsuchtsvoll-leidenschaftlich-wehmütigen Effekts; erste Anzeichen des Bemühens um harmonische Delikatesse. Mit der „Lustigen Witwe", am vorletzten Tag des Jahres 1905 in Wien mit durchschnittlichem Erfolg uraufgeführt, sogleich aber über Paris, London und Berlin in einem Siegeszug ohnegleichen um die Welt eilend, gelang dem 35jährigen Komponisten der Sprung in die oberste Etage des des Operettenruhms. Es setzte ein wahrer Begeisterungstaumel ein, wie ihn zuvor noch nie ein Musikbühnenwerk auszulösen vermochte. Die „Lustige Witwe" bereits wurde zur Könungszeremonie des „Königs Lehár". Sieben Jahre darauf formulierte der Gefeierte sein vielzitiertes Bekenntnis, in dem sich er Schlüssel zum Verständnis der weltweiten Mammutakklamatior für jenes Werk finden läßt, das die Türen aufstieß zur Spätzeit der bürgerlichen Operette. Lehár formulierte unter anderem: „Mit der ‚Lustigen Witwe' hatte ich meinen Stil gefunden, den ich in meinen seitherigen Werken zu vervollkommnen trachte. Durch den häufigen Vorwurf, daß ich opernhafte, tragische und sentimentale Operetten schreibe, kann ich mich nicht beirren lassen. Die Entwicklung, die die moderne Operette, genommen hat, liegt in der Entwicklung der Zeit, des Publikums, in den ganzen veränderten Verhältnissen. Ich glaube, daß  eine  possenhafte  Operette gar nicht nach dem Geschmack des heutigen Publikums wäre. Ich kann es nicht einsehen, daß es der Zweck der Operette sein soll, alles Schöne und Erhebende ins Lächerliche und Ulkige herabzuziehen. Ein musikalischer Possenschreiber möchte ich niemals sein. Mein Ziel ist es, die Operette zu veredeln." Hier ist das widerspruchsvolle Netz gezeichnet, in dem sich der Primas unter den Operettenschreibern seiner Zeit zur Freude seiner groß- und kleinbürgerlichen Zeitgenossen verstrickte und dem nicht einmal so brillante und unversöhnliche Kritiker wie Karl Kraus und Kurt Tucholsky ein Fädchen krümmen konnten. Es beginnt mit dem grundlegenden ästhetischen Miß-verständnis, es sei Anliegen und „Zweck" bisher geübter Operettenpraxis gewesen, „alles Schöne und Erhebende ins Lächerliche und Ulkige herabzuziehen". Hier werden Erscheinungen des nachklassischen Verflachungsprozesses zum Bewertungsmaßstab erhoben, denen Lehár einen Bruch mit der Tradition entgegenzusetzen trachtete, ohne zu bemerken, daß er damit unter der Fahne der Operette das merkwürdige Phänomen der Anti-Operette kreierte. Deutlich wird die Abhängigkeit seiner Beurteilung der Operetten-Entwicklung von seiner Einschätzung des Publikums, vom Geschmack derer, für die das Unterhaltungstheater neuer Prägung bestimmt und konzipiert war. In den gleichen Tagen, in denen die Arbeiter Wiens unter dem Eindruck der revolutionären Ereignisse in Rußland auf die Straße gingen, offerierte das Theater an der Wien „Die lustige Witwe", jene Darstellung bourgeoiser Lebewelt, die durchaus nicht von kritischer Haltung war, wenn sie auch das Oberflächenbild der Salon-Gegenwart einigermaßen genau einfing. Mit diesem Werk begann Lehárs Drängen nach einer psychologisch vertieften Personenzeichnung im Operettengenre, nach Situationen, die Naivität zugunsten von Pseudokonflikten verschmähten. Lehár nannte das „Veredelung", und er mag es damit aufrichtig gemeint haben. Er traf den Vergnügungs-Nerv des Besitzbürgertums, indem er unablässig von Lebensfreude, Lebensschönheit, Glück sang und dabei eindeutig zeigte, wessen Welt diese seine Welt war. Das seismografische Feingefühl, mit dem er den Ansprüchen seines Publikums nachzuspüren imstande war, schlug sich in ungehemmter Akklamation seinen Werken gegenüber nieder: Die Großbürger fühlten sich ernstgenommen mit diesem Lobpreis ihres Daseins samt der als Innigkeit maskierten Sentimentalität, sie genossen von der Bühne herab ihr eigenes Operettenleben; und da sie nicht die Selbsteinschätzung besaßen, darüber zu lachen, nahmen sie gern das Angebot an, über das angeblich gefühlvolle Hin und Her, also mit den „Schicksalen" ihrer „Helden" zu weinen. Lehár verschaffte ihnen gern diese Tränen, zumal ihm das erlaubte, seiner heimlichen Liebe zur Oper ein bißchen die Zügel zu lockern, wenn's auch am unpassenden Ort war. Und so klangen denn die zweiten Akte seiner Werke in stereotyper Regelmäßigkeit mit der frisch erfundenen Wendung der Handlungen ins vordergründig Tragische aus, bevor das Happy-end alle Gegensätze hinwegblies; und so wurden denn die große Geste und die von tenoralem Tauber-Schmelz getragene leise Wehmut das unverwechselbare Kriterium der Lehár-Operetten, und der Meister scheute sich nicht, diese Tendenz bis zum schon allein verbalen Unsinn einer „Romantischen Operette" voranzutreiben. Die Bürger schwelgten: die Großbürger, weil die Operette nun von ihnen sprach; die Kleinbürger, weil sie von einem solchen „besseren Leben" träumen durften; und die aufblühenden Massenmedien Funk und Film sorgten dafür, daß das Opium unters Volk kam, das die Gelegenheit wahrnahm, für kurze Zeit dem tristen Alltag zu entrinnen. Hier liegt ohne Zweifel das Geheimnis des Riesenerfolgs — wir kommen nicht umhin, das auszusprechen. Es hieße jedoch ein einseitiges Bild zeichnen, wollte man Lehárs Musikertum, seiner souveränen Beherrschung des Kompositionshandwerks Anerkennung versagen, seiner subtilen Orchestertechnik etwa, seiner harmonischen Verfeinerung der Partituren und auch seiner melodischen Erfindungsgabe. Lehárs Anliegen, die Operette zu „veredeln", mußte sich freilich als Fehl-Konzeption erweisen, weil sie letztlich einer banalen Verflachung kaum mehr als eine aufwend'gere entgegenzusetzen wußte. Die ehrliche Absicht, die man wohl als eine humanistische Grundhaltung einschätzen darf, traf mit der absoluten Unfähigkeit zusammen, gesellschaftlichen Fortschritt und gesellschaftliche Reaktion zu erkennen und zu beurteilen: Lehár definierte als Ansprüche „des Publikums" die Erwartungen einer Klasse, deren Lebensformen er mehr und mehr pries. So sehr auch der breite, geradezu triumphale Erfolg dagegenzusprechen scheint: Lehár führte die Operette auf leisen Sohlen in die Un-Popularität.
In der „Lustigen Witwe", der teils temperamentvollen, teils rührseligen Geschichte um Hanna Glawari, ihre Pontevedriner Millionenerbschaft und den grätlichen Lebemann Danilo Danilowitsch, ist diese Entwicklung bereits vorgezeichnet: das pseudotragische zweite Finale, eine zunächst noch kleine Anleihe aus der Tränen-Flasche, süßes Nichtstun, Sentimentalität, ein Schuß Verworfenheit, eine Prise Psychologie, „vibrierende Sinnlichkeit" und „offene Erotik" (Grün), schön nobel und mondän. Und doch bleibt hier noch alles im Rahmen, ist hier noch ein Hauch Komödie über dem Ganzen, kann sich mehrfach noch musikantische Ursprünglichkeit und Aufrichtigkeit beweisen, bevor sie später ins Getriebe ständiger „Verfeinerung" gerät. Hier spricht noch - auch was die Verwendung ungarischer Intonation betrifft — der kühne, neu tönende „große Wurf", als der das Werk eines der markanten Dokumente der Operettengeschichte darstellt. Wir schätzen, unter anderem, die rhythmische Verve einer ganzen Reihe von Musik-Passagen — und wir überhören andererseits nicht die emotionale Unaufrichtigkeit des zu Unrecht geschätzten Gesangs von Vilja, dem Waldmägdelein. Es ist zu bedauern, daß der weitere Aufstieg Lehárs, der ohne Zweifel zugleich ein Abstieg war, mehr auf das zweite denn auf das erstere baute.
Hans-Gerald Otto (1970)


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ArtikelnummerAmiga 8 45 071
ProduktnameDie lustige Witwe - Querschnitt
Preis9,90 €
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InterpretVarious Artists
Name - TitelDie lustige Witwe - Querschnitt
LabelAMIGA
MedientypLP / Vinyl 12"
Vinylgewicht pro Schallplatte140 gramm
Anzahl der Platten1
BeilagenKeine
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