Die Geschichte Von Ulenspiegel - Rolf Ludwig & Regine Toelg

Die Geschichte Von Ulenspiegel

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Charles de Coster (1827-1879)
aus
DIE GESCHICHTE VON ULENSPIEGEL UND LAMME GOEDZAK
Für die Schallplatte bearbeitet von Ursula Püschel
Sprecher:  Rolf Ludwig
Zwischentexte: Regine Toelg
Regie: Renate Thormelen
8 60 062

„Die Asche brennt mir auf der Brust" -dieser Satz von de Costers Ulenspiegel ist zum Synonym geworden für revolutionäres Gewissen. De Costers Buch erschien 1868; er gab ihm ein Vorwort der Eule bei, die sich darauf berief, daß sie dem Helden den Namen gab. „Ihr habt Euch eine andere Lesart ausgedacht", sagte sie, „erklärt U I e n aus Ulieden Spiegel — Euch Leuten Spiegel - Euch, Bauern und Herren, Beherrschten und Beherrschenden, Spiegel des Blödsinns, der Läppereien und der Verbrechen einer ganzen Zeitrunde. Das ist blendend, aber unvernünftig. Man soll ni.e mit dem Herkommen brechen." Und damit enthüllt sich die Eule als ein bourgeoises Vieh, das nicht klug, sondern schlau ist; und ihre Schläue kommt allen denen zu statten, die im bürgerlichen Staate, zu etwas kommen, vom Politiker bis zur Kokotte. Diese Eule sagt: „Du Dichter, Du Krakeeler, Du haust besinnungslos um Dich und auf alle los, die Du Henker Deines Vaterlandes nennst. Du stellst Karl den Fünften und Philipp den Zweiten an den Schandpfahl der Geschichte; Du bist nicht eulisch, Du bist nicht klug. Bist Du denn gewiß, daß es keinen Karl den Fünften und Philipp den Zweiten mehr in dieser Welt gibt? Fürchtest Du nicht, daß eine wachsame Zensur im Bauche Deines Elefanten nach Anspielungen auf erlauchte Zeitgenossen stöbern geht? Was lassest Du diesen Kaiser und diesen König nicht schlafen in ihrer Gruft? Was kommst Du her und bellst wider solche Majestät? Wer Schläge sucht, kommt unter Schlägen um. Es gibt Leute, die-Dir das nicht verzeihen, auch ich verzeih Dir nicht, Du störst meine bourgeoise Verdauung."
De Coster, der den Ulenspiegel, Held der Sage und des mittelalterlichen Volksbuches, in den niederländischen Befreiungskampf verpflanzte, wollte also keineswegs ein historisches Bilderbuch verfassen; sein Werk war für die Gegenwart bestimmt.
Kämpfendes Volk — das war ein Vorstoß innerhalb der europäischen Literatur seiner Zeit. In Rußland wie in Frankreich wurden die Gebrechen der Gesellschaft in der Literatur angeprangert, aber noch duldete das Volk. Maxim Gorki wurde erst im gleichen Jahr geboren, in dem „Ulenspiegel" erschien.
De Coster lebte in einem Land, dessen historische Entwicklung die literarische Entwicklung   beeinträchtigte. Aus einer Geschichte, in der das belgische Territorium Objekt dynastischer Interessen war, ragte im 16. Jahrhundert ein Ereignis von europäischer Bedeutung heraus: Der Kampf gegen Spanien an der Seite der Niederlande. Im 19. Jahrhundert wurde es Spielball größerer Interessen: Es hatte bis 1815 zu Frankreich gehört, nach dem Sieg der europäischen Großmächte über Napoleon wurde es unter der Oberherrschaft des Hauses Oranien mit Holland zwangsvereinigt. Obwohl die beiden Völker eine gemeinsame revolutionäre Vergangenheit und gemeinsame Interessen in der Gegenwart hatten, mißriet diese „Einigung von oben"; Belgien erhob sich unter dem Eindruck der französischen Julirevolution 1830 und erkämpfte seine staatliche Unabhängigkeit. Die politischen Probleme und Konflikte dieses Landes glichen von nun an denen jedes anderen westeuropäischen kapitalistischen Staates.
Für die kulturelle Entwicklung bestanden nach wie vor besondere Schwierigkeiten: Das Land war zweisprachig — französisch und flämisch — hinzu kam noch eine wallonische Sprachgruppe. Es hatte kaum eigene kulturelle Traditionen. Die großen Nachbarn Frankreich und Deutschland wirkten stark auf die kulturelle Entwicklung ein; außerdem kam noch hinzu, daß Französisch gleichzeitig die Sprache des ehemaligen Unterdrückers war. Der holländische Schriftsteller Theun de Vries schrieb über die belgische kulturelle Entwicklung ab 1830: „Drum ist zu Anfang in dieser" Kultur viel Unnatur und Chauvinismus, mehr guter Wille, mehr Absicht als Talent enthalten. Ihr bürgerlicher Charakter war durch die Wirklichkeit vorgeschrieben; er wurde durch die schnelle kapitalistische Entwicklung des Landes nur noch verstärkt. Inzwischen arbeitete der antifranzösische Kurs, den die Intellektuellen dieses nationalen Typs einschlugen . . . , in der Literatur einem romantischen Patriotismus in die Hände. Die Schriftsteller, die sich nach 1830 stärker als zuvor als Belgier fühlen wollten, sahen vor allem im historischen Roman . . . das Mittel, zu einem neuen nationalen Ideal zu gelangen. Sie verteidigten das neue Vaterland, und zwar in erster Linie durch die Verherrlichung seiner großen Vergangenheit oder zumindest dessen, was ihnen groß erschien. Gleichzeitig verbarg sich hinler dieser Verherrlichung verflossener   Ruhmeszeiten, bewußt oder unbewußt, das. Verlangen, die häßliche Wirklichkeit des neuen Belgiens durch den Hinweis auf eine Epoche vergessen zu machen, die von fern gesehen schöner und interessanter erschien. Dieser, übrigens sehr 'berechtigte, belgische Nationalstolz in der Nationalliteratur (kein Volk kann vorwärtsgehen, das seine Vergangenheit nicht kennt und sich darin vertieft hat) ist durchaus zu begreifen, wenn man ihn auch nicht immer bewundern kann." Das war die literarische Situation, der sich de Coster gegenüber sah.
Charles de Coster wurde 1827 geboren. Nach einigen Universitätsjahren in Brüssel versuchte er, sich als Journalist und Literat zu etablieren. Die Gruppen und Freundeskreise, in denen er verkehrte, waren liberal und demokratisch gesinnt, sie standen in mehr oder minder scharfer Opposition zur bürgerlichen Gesellschaft- De Coster verehrte seine großen französischen Zeitgenossen wie Victor Hugo und bewunderte Meister wie Moliere, Schiller, E. T. A. Hoffmann. Mit diesem literarischen Bereich vertrug sich gut sein Interesse für Volkswitz, -Wahrheit und -Weisheit. Sein erstes bedeutendes Werk erschien 1858, die „Flämischen Legenden". Seine Beschäftigung mit der Vergangenheit des Landes trug ihm einige Jahre ein Amt in einer historischen Kommission ein. Als er es dort nicht mehr aushalten konnte, lebte er weiter arm und entbehrungsvoll. Keines seiner Werke wurde zu seinen Lebzeiten ein großer Erfolg. Nur wenige kannten ihn, als er 1879 starb.
„La legende et les aventures heroiques, joyeuses et glorieuses d'Ulenspiegel et de Lamme Goedzak au pays de Flan-dres et ailleurs", kurz, der „Ulenspiegel", ist Weltliteratur. „Denn in Ulenspiegel lebt das .Gewissen des Volkes'. Und jetzt wä eine Unzahl von Nationen sich aus ihrer Nacht erheben und ihre sozialistische Wiedergeburt erleben, da erhebt auch dieses Gewissen seine mächtige Stimme und macht den Konventionen und gesellschaftlichen Lügen ein Ende, mit denen die alten Mächte des Eigennutzes und des Imperialismus es vergeblich zu ersticken versucht hatten", schrieb Romain Rolland. Unserem Text liegt die Übersetzung von Karl Wolfskehl zugrunde. Wir verweisen auf die Ausgabe in der Epikon-Reihe des Paul List Verlages Leipzig, die ein Nachwort von Theun de Vries enthält, das wir zur weiteren Orientierung empfehlen   möchten.
Ursula   Püschel

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ArtikelnummerLitera 8 60 062
ProduktnameDie Geschichte Von Ulenspiegel - Rolf Ludwig & Regine Toelg
Preis24,90 €
LieferzeitIm Schallplattenladen Stralsund
InterpretRolf Ludwig & Regine Toelg
Name - TitelDie Geschichte Von Ulenspiegel
LabelLitera
MedientypLP / Vinyl 12"
Vinylgewicht pro Schallplatte180 gramm
Anzahl der Platten1
Release-Datum1964
Allgemeiner PlattenzustandGebraucht
Zustand TonträgerVery Good (Gut)
Zustand CoverVery Good (Gut)
PlattenreinigungReinigung mit Plattenwaschmaschine Double Matrix Professionel Sonic (Clearaudio)
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