Berliner Improvisations-Quartett

Berliner Improvisations-Quartett

24,90 €
Nicht auf Lager
Lieferzeit: Im Schallplattenladen Stralsund

Berliner Improvisations-Quartett

Seite 1
Nocturno - Komposition: Manfred Schulze
Die Augen der Armen (Canon-Chaconne-Fantasie) - Komposition: Hermann Keller' Text: Charles Baudelaire
Seite 2
Ex tempore IV (Thema und Variationen) - Komposition: Hermann Keller
Ostinato - Komposition: Manfred Schulze unter Verwendung eines Liedes von Paul Dessau* Text: Pablo Neruda
Berliner Improvisations-Quartett:
Wilfried Staufenbiel (solo-voc, vc)
Manfred Schulze (bars, cl bei 2.)
Andreas Altenfelder (tp, voc bei 1., fl bei 2.)
Hermann Keller (p, voc bei 1.)

rec. 19./20. 7.1979 AMIGA-Studio, Berlin
* „Bombardement" aus „3 Gesänge nach Texten von Pablo Neruda"
Produktion: Jürgen Lahrtz (1979)
Musik- und Tonregie: Siegbert Schneider

Die Musik der vorliegenden Platte entspringt innerer Betroffenheit. Jenseits aller Erklärungen verlangt sie nicht mehr, als aufmerksam gehört zu werden. Sie baut auf das Selbstverständliche als etwas, worum man sich bemühen muß.
Hermann Keller, klassisch ausgebildeter Pianist, Komponist und Musiktheoretiker, berichtet von einem Zusammentreffen mit Jazzmusikern im Jahre 1971, das ihn nicht einschlafen ließ. Die Begegnung forderte ihn heraus, sich um eine gegenseitig befördernde Zusammenarbeit schöpferischer und also zeitgenössischer Musik aus verschiedenen Bereichen zu bemühen.
Entscheidender Dialog-Partner dieser Bemühung wurde der Baritonsaxophonist und Klarinettist Manfred Schulze, einer der führenden Musiker im Jazz der DDR seit Anfang der sechziger Jahre. Während Keller aus dem Bereich reproduktiven Musizierens auszubrechen bestrebt war, suchte Schulze nach Wegen, die - sich mitunter auch im modernen Jazz einschleichenden -Klischees hinter sich zu lassen, vor allem aber nach Weggefährten, die bereit waren, ein gemeinsames Risiko jenseits erprobter Musizierbereiche einzugehen.
Nach gelegentlicher Mitarbeit Hermann Kellers in Formationen von Manfred Schulze entwickelte sich seit 1973 ein kontinuierliches Duo-Spiel, seit 1976 schließlich eine Gruppenarbeit, aus der das Berliner Improvisations-Quartett hervorging. Schon die Besetzung schien den von Jazz- bzw. Kammermusik gewohnten Klangbildern zu widersprechen. Während der Trompeter Andreas Altenfelder in Jazzbereichen verwurzelt ist und bereits lange Jahre in Gruppen um Manfred Schulze gespielt hatte, fühlt sich der Cellist und Sänger Wilfried Staufenbiel, schon von seinem musikalischen Werdegang her, stärker der europäischen Musiktradition verpflichtet Basis der Zusammenarbeit wurde nicht die eine oder andere Musizierweise, auch keine formal entwickelte Synthese, sondern das Bedürfnis nach individuellem Ausdruck und gemeinsamer Kommunikation. Die zu diesem Zweck entwickelten Spielformen lassen der Improvisation breiten Raum, versuchen aber, das tradierte Chorus-Prinzip zu überwinden und durch vielgestaltige Improvisationsmodelle aufzuheben. Die Konzepte sind so angelegt, daß sich Absichten im aktuellen Spielprozeß auch emotional umsetzen und menschliche Beziehungen im Zusammenspiel verdeutlichen können. Komponierte Teile und improvisatorische Freiräume werden zwar voneinander getrennt, jedoch von einer gemeinsamen Musizierhaltung getragen. Individuell unterschiedliche „Traditionsanteile" verschmelzen gewissermaßen zu einem Gruppenstil. Da keine konventionelle Jazz-Rhythmusgruppe einbezogen wird, kommt es zu einer weitgehenden Aufhebung musikalischer Arbeitsteilung, auch wenn Cello und insbesondere Klavier in starkem Maße perkussive Spielweisen entwickeln. Im rhythmischen ebenso wie im melodischen und harmonischen Bereich tragen alle Spieler zur musikalischen Struktur bei, die sich im Prozeß emotionaler Spannungen umsetzt. Im Interesse gemeinsamer Mitteilung nutzen die Musiker einen Großteil der im zeitgenössischen Jazz ebenso wie in der neuen Musik entwickelten instrumentaltechnischen Möglichkeiten (z. B. Spielen im Innenraum des Flügels, Präparation der Saiten, Flageolettklänge, Geräusche). Der Mitteilung dienen bei einigen Stücken
nicht zuletzt der Einsatz der menschlichen Stimme sowie die Einbeziehung von Texten, deren Auswahl und Gestaltung von gemeinsamem Engagement bestimmt wird.
Das Nocturno von Manfred Schulze läßt die Improvisation zum dominierenden Aspekt werden. Ausgehend von einer Stimmung, die instrumentale Klänge und Stimmgeräusche hervorbringt, entfaltet sich das im Zentrum stehende Baritonsaxophon-Solo. Die Distanz zwischen Spieler und Gespieltem wird dabei nahezu aufgehoben, so daß die anderen Musiker in ihrer Reaktion auf die unmittelbare Äußerung der Stimme zurückgreifen. Nachdem auch die vokale Bezugnahme nicht mehr auszureichen scheint, schlägt die Entwicklung in gemeinsames Instrumentalspiel um.
Die Augen der Armen, ein dreiteiliges Stück von Hermann Keller, bezieht sich auf klassische Formen und ist weitgehend komponiert, läßt aber auch für individuelle Gestaltungen Raum. Die Umsetzung des Prosatextes von Charles Baudelaire offenbart vielfältige musikalische Stellungnahmen. Da der Sänger zugleich Cellist ist, kann er seine Haltung durch simultanen Einsatz von Stimme und Instrument verdeutlichen. Während der Textvortrag die Möglichkeiten von der Sprechstimme über das Rezitativ bis zum improvisatorischen Gesang nutzt, reicht der instrumentale Bezug vom Begleiten und Darstellen über die Kontrapunktik bis zur subjektiven Umsetzung. Ex tempore IV basiert auf einem Improvisationsmodell von Hermann Keller und stellt zunächst ein Thema vor, an das sich neun Variationen anschließen. Die improvisatorische Gestaltung beruht auf individuell bzw. kollektiv umzusetzenden Spielanweisungen, die - lediglich verbal vorgegeben - das Gewicht auf unterschiedliche Spielhaltungen legen. Nach umfänglichen Ausflügen kehren die Spieler nicht wieder zum Ausgangspunkt zurück, sondern schließen mit einem Thema in anderer Gestalt.
In Manfred Schulzes Ostinato wird die traditionelle Abfolge von Thema und Improvisation umgekehrt. Das Thema steht am Schluß: ein Lied von Paul Dessau nach einem Text von Pablo Neruda - im weitesten Sinne Picassos „Guernica" verwandt. Das Lied bestimmt als musikalisches Material, aber auch als emotionale Vor-Haltung den instrumentalen Teil, in dem die Trompete ein Solo entfaltet, während Klavier und Cello ostinat eine rhythmische Figur vortragen.
Den Ausdruck der Stücke beschreiben zu wollen, erscheint an dieser Stelle unnötig. Jeder, der bereit ist zuzuhören, verwandelt sich in einen Beteiligten. Wen die Musik betrifft, der wird spüren und wissen, worum es geht. Bert Noglik (1979)

Mehr Informationen
ArtikelnummerAmiga 8 55 717
ProduktnameBerliner Improvisations-Quartett
Preis24,90 €
LieferzeitIm Schallplattenladen Stralsund
InterpretBerliner Improvisations-Quartett
Name - TitelBerliner Improvisations-Quartett
LabelAMIGA
MedientypLP / Vinyl 12"
Vinylgewicht pro Schallplatte140 gramm
Anzahl der Platten1
BeilagenKeine
Release-Datum1979
Allgemeiner PlattenzustandGebraucht
Zustand TonträgerVery Good + (Sehr gut)
Zustand CoverVery Good + (Sehr gut)
PlattenreinigungReinigung mit Plattenwaschmaschine Double Matrix Professionel Sonic (Clearaudio)
Eigene Bewertung schreiben
Sie bewerten:Berliner Improvisations-Quartett
Ihre Bewertung