Ouvertüren

2 OUVERTÜREN
Francois Adrien Boieldieu (1775-1834)
DER KALIF VON BAGDAD
Rundfunk-Sinfonie-Orchester Leipzig
Dirigent: Heinz Fricke

Gaetano Donizetti (1797-1848)
DIE REGIMENTSTOCHTER
Großes Rundfunkorchester Leipzig
Dirigent: Adolf Fritz Guhl

Einer der liebenswürdigsten Meister der älteren komischen Oper in Frankreich ist Francois Adrien Boieldieu. Als Sohn eines erzbischöflichen Sekretärs zunächst für die Organistenlaufbahn bestimmt, ging er - durch die ersten künstlerischen Erfolge in seiner Vaterstadt Rouen ermutigt - 1796 nach Paris, wo er, von Mehul und Cherubini gefördert, in den folgenden Jahren einer der führenden Komponisten der Hauptstadt wurde. Hier errang er einen großen Triumph mit dem .Kalif von Bagdad", einem einaktigen Bühnenwerk, dessen Textbuch Doucourt nach einer orientalischen Erzählung schrieb. Von 1803-10 war Boieldieu Hofkapellmeister des Zaren Alexander I. in Petersburg. Nach Paris zurückgekehrt, lenkte er mit seinem .Johann von Paris" erneut das Interesse der musikalischen Welt auf sich und erreichte mit der komischen Oper „Die weiße Dame" (1825) den Höhepunkt seines Schaffens. Die in Wirklichkeit dem anliegen der Restauration dienende Handlung hatte Scribe, der theatererfahrene Librettist, aus einer Kombination zweier Romane von V/alter Scott ebenso bühnenwirksam wie geschickt zusammengestellt. Nach der erfolgreichen Uraufführung wurde das Werk bald darauf von deutschen Bühnen übernommen. Die übrigen Opern gerieten wegen der zu engen Zeitgebundenheit ihrer Stoffe bald in Vergessenheit. Dagegen ist Boieldieus Musik durch ihre flüssige und reizvolle Melodik und ihre farbige Instrumentation, die noch Weber uneingeschränkt bewundert hat, für die Entwicklung der französischen opera comique von Bedeutung. Bis heute lebendig geblieben sind neben einigen Einzelarien („Komm, o holde Dame" u.a.) vor allem mehrere seiner spritzigen Ouvertüren. Sie erklingen regelmäßig In Unterhaltungskonzerten  und  Sendungen des Rundfunks.
Die Ouvertüre „Der Kalif von Bagdad" erstrebt in ihrer Mischung von sprühendem Temperament und französischer Eleganz keine tiefe Innerlichkeit, sondern eine mehr gefälligere Art der Unterhaltung. Auf das zarte Andantino im wiegenden Siziliono-Rhythmus (6/8) folgt ein Allegro, das sich wegen der Frische und Einprägsamkeit seiner beiden Themen, besonders des liedhaften zweiten,  noch  heute allgemeiner  Beliebtheit erfreut.
Gaetano Donizetti ist neben Rossini und Bellini einer der führenden italienischen Opernkomponisten zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Von seinen etwa 70 Opern stehen heute nur noch zwei auf den Spielplänen deutscher Bühnen: „Der Liebestrank" und .Don Pasquale", beides Meisterwerke einer ebenso lebendigen wie einfallsreich brillanten Buffokunst. Der Erfolg seiner in Rom und Mailand aufgeführten Erstlingsopern und weitere Aufträge verleiteten Donizetti später zu schneller und teilweise oberflächlicher Schaffensweise. 1838 ging er nach Paris, wo seine Bühnenwerke .Die Regimentstochter" und „Die Favoritin" großes Aufsehen erregten. 1842 war er als Kapellmeister am Wiener Kärntnertor-Theater tätig. Drei Jahre danach machten sich ernsthafte Anzeichen einer Geisteskrankheit bemerkbar, er wurde in eine Heilanstalt überführt  und  starb 1848  in seiner Geburtsstadt Bergomo.
Die Ouvertüre zur Oper „Die Regimentstochter" gehört noch heute zu den allgemein beliebten Konzertstücken. Donizetti vereint in ihr geschickt in Form, Rhythmik und Melodik charakteristische Elemente der opera comique und der opera buffa. Auf die Einleitung - Bläserklänge und Echoeffekte geben Ihr . einen Pastoralen Charakter - folgt ein Allegro, dessen Hauptthema ausgesprochen operettenhaft wirkt. Den weiteren Verlauf bestimmt dann das aus der Oper bekannte Regimentslied (.We:ß nicht die Welt"), das, nach freien Übergängen,  einen  turbulenten Abschluß findet.                              Rudolf Bendel